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Lindenblatt
Verfasst am: 30. Jun 2006 16:24
Titel:
"von lebern
meiner und deiner, zehren sie,
leser, der du nicht liest.
*
Zu spät...?
Lies mal nach in der Sage vom Prometheus, dem vom Adler des Zeus von der Leber weggenagt wird. War schon früher ein Delikatesse.
Hier schlüpft also der klagende Dichter, der nicht gelesen wird (außer, wenn Deutschlehrer dafür sorgen...), in die Rolle des Menschenschöpfers Prometheus.
(Diesen Teil der Sage hat Goethe in seinem "Prometheus" nicht mehr aktualisiert; da er den Menschenfreund und Kulturträger nicht mehr bestrafen lässt von diesem Gott, dem Promtheus die Dienerschaft aufgekündigt wegen seiner erfolgreichen Naturwissenschaften und des Sieges über den "Blitz" hat durch die Erobernug der Elektrizität; bei ihm - JWG - ist es eine Hymne auf Franklin.
HME weiß davon wohl nix; er fühlt sich als Poet und Wörtergott noch immer an der Leber missverstanden - warum nur?)
Gast
Verfasst am: 11. Jun 2006 12:00
Titel: Gedichtinterpretation
Hallo,
kann mir jemand bei folgendem Gedicht helfen:
Hans Magnus Enzensberger
gedicht für die gedichte nicht lesen
wer ruft mit abgerissenem mund
aus der nebelkammer? wer schwimmt,
einen gummiring um den hals,
durch diese kochende lache
aus bockbier und blut?
er ist es,
für den ich dies in den staub ritze,
er, der es nicht entziffert.
wer ist ganz begraben von zeitungen
und von mist? wer hat uran im urin?
wer ist in den zähen greifer
der gremien eingenäht? wer
ist beschissen von blei?
siehe,
er ists, im genick die antenne,
der sprachlose fresser mit dem räudigen hirn.
was sind das für unbegreifliche ohren,
von wüstem zuckerguss triefend,
die sich in kurszettel wickeln
und in den registraturen stapeln
zu tauben mürrischen bündeln?
geneigte,
ohren verstörter verräter, zu denen
rede ich kalt wie die nacht und beharrlich.
und das geheul, das meine worte
verschlingt? es sind die amtlichen
schmierigen adler, die orgeln
durch den entgeisterten himmel,
um uns zu behüten.
von lebern,
meiner und deiner, zehren sie,
leser, der du nicht liest.
Die formalen und inhaltlichen Aspekte sind mir ja soweit klar, aber mit dem Gesamtaussage des Gedichts habe ich Probleme. Was will Enzensberger aussagen?
Und würdet ihr sagen das dieses Gedicht politischer Lyrik entspricht .. wenn ja wesshalb.
ah ja und was sollen die letzten 3 Zeilen mit der leber??
Danke schon mal