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abraxas
BeitragVerfasst am: 30. März 2006 01:50    Titel:

Hmm, Mörkie ist ja meiner Meinung nach der einzige Biedermeierdichter, der wenigstens ansatzweise Talent zeigte...

Und das auch nur, weil er den restlichen Biedermeier mit seiner kitschigen Naturverbundenheit gründlich verschaukelt hat...

Die Ironie hält sich in diesem eher depressiven und sehr nachdenklich gemeinten Gedicht ja eher zurück.
Lindenblatt hat dabei schon die Schlüsselinformationen geliefert - nämlich, worum es darin geht.

Was Du jedoch beachten solltest, ist dass Du versuchen solltest, das Gedicht im Hauptteil Gedichtimmanent zu interpretieren. Ich hab schon Lehrer gesehen (und vor allem Drittkorrektoren), die dafür nen irren Abzug geben, wenn Du auf einmal anfängst, bigraphischen Bezug mitten in der Stilanalyse zu bringen. Du solltest also erstmal versuchen, zu interpretieren, was das Gedicht hergibt (natürlich mit der Story von der Ehefrau im Hinterkopf) und erst im Schlussteil die beiden Sachen zusammenführen...

Was mir übrigens noch zum Mörike einfällt, ist diese kleine Passage aus seinem Gedicht "Waldplage", das die ganz und gar gräßliche Naturkitschgefühlsduselgeit des Biedermeiers (und der Droste von Hülshoff und des Klopstocks) wunderbar ironisiert. Das lyrische Ich sitzt im Walde und schaut ihn sich so an, als eine Stechmücke vorbeikommt und ihm gründlich die Laune versaut...:

Zitat:
Patsch! Hab ich dich, Canaille, oder hab ich dich nicht?
Und hastig - denn schon hatte meine Mordbegier
Zum stillen Wahnsinn sich verirrt, zum kleinlichen -
Begierig blättr' ich: ja, da liegst du plattgedrückt,
Bevor du stachst, nun aber stichst du nimmermehr.


Grüße, abraxas
"Johanna Mährlen&q
BeitragVerfasst am: 24. März 2006 12:01    Titel:

Als zeitliche Epoche muss man das "Biedermeier" ansetzen, auch wegen der nicht mehr romantisch als absolut gesetzten Liebesideale.

Das sich aussprechende lyrische Ich ist die poetische Verarbeitung der Selbstbewusstseinsprobleme des Pfarrvikars E.M., der sich um 1830 an einer zwar hochjubelte, aber wenig befriedigenden Brautzeit mit dem Pfarrerstochter Luise Rau abarbeitete; ihn bedrohte als Konsequenz dieser Bindung die Freunden gegenüber vielfach beklagte "Vikariatsknechtschaft", d.h. die Aufgabe seiner Urwunsches, als Dichter selbsterfüllt zu arbeiten und leben.
Das ist hier nur untergründig das Dilemma, das nicht ausformuliert ist, aber in der "Liebe", die das tapfer poetische Ich "beugen" will (was immer das heißt: sie sich „zu Recht biegen“?), die sich als "Wonnestreit", der sich also nicht als intuitiv und refektierend erfüllte (bejahte und von der Braut beantwortete) Liebe zu fühlen und zu akzeptieren gibt.
Die großartige Natur soll dem Poeten helfen, als Frühlingsnothelfer. Bei Tag gelingt das Gewünschte aber nicht.
Da erwartet er die Nacht, als Beruhigung, aber nicht als Liebesgeschehen, als sexuelles Erleben, als Erfüllung - vielmehr in einer "Betrachtung", wozu ihn wie das geistliche Amt oder die poetische Lust befähigte: aber zu ihrem "Abgrund". Also der Lösung der Probleme? Erfüllung der Erwartung der hochgestimmten, klangvollen Selbstbezauberung? Oder: der Lösung der Beziehung? Das war nicht entschieden.
E.M. hat das Sonett und drei weitere Gedichte im Brief vom 4.5.1830 der Geliebten beigelegt, als Einblick in seine Psyche.
*
Wenn du die Chance hast, sie dir zu beschaffen: hier eine Interpretation von Gertrud Fussenegger: "Die List der Poesie". In: M.R.-R.: 1000 Deutsche Gedichte und ihre Interpretationen. Ffm: Insel Verlag 1996. Bd. 4. S. 216ff.)
*
Welche Hilfen und Angaben und Zusammenhänge kriegt man (pardon:Julia!) denn geliefert, um ein solches Mörike-Modell zu erfassen (außer dass "man/frau" es und ihn con-sonettartig bejubeln soll?)
Julchen
BeitragVerfasst am: 24. März 2006 11:15    Titel: Gedichtsanalyse

Hallo Ihr lieben,
man hat mir deutschboard empfohlen und ich hoffe ihr könnt mir weiterhefen...
Und zwar muss ich nächste Woche MIttwoch einen Vortrag über das Gedicht "Zu viel" von Eduard Mörike halten... Es ist ein gedicht der Romantik
Der Vortrag soll keine vollständige Analyse beinhalten aber die wichtigsten Punkte des Gedichtes darstellen...
Mein Problem dabei : Was will das Gedicht mir sagen, bzw was bezweckt das lyrische Ich usw.
Ich hoffe Ihr könnt mir helfen
Liebe grüße Julia smile

Zu viel

Der Himmel glänzt vom reinsten Frühlingslichte,
Ihm schwillt der Hügel sehnsuchtsvoll entgegen,
Die starre Welt zerfließt in Liebessegen,
Und schmiegt sich rund zum zärtlichsten Gedichte.

Am Dorfeshang, dort bei der luftgen Fichte,
Ist meiner Liebsten kleines Haus gelegen -
O Herz, was hilft dein Wiegen und dein Wägen,
Daß all der Wonnestreit in dir sich schlichte!

Du, Liebe, hilf den süßen Zauber lösen,
Womit Natur in meinem Innern wühlet!
Und du, o Frühling, hilf die Liebe beugen!

Lisch aus, o Tag! Laß mich in Nacht genesen!
Indes ihr sanften Sterne göttlich kühlet,
Will ich zum Abgrund der Betrachtung steigen.

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