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Sirius
BeitragVerfasst am: 30. Apr 2006 11:28    Titel: Re: Durs Grünbein - Alba Erschliessung und Interpretation

[quote="litterman"]Hallo zusamen, ich (13. Jgst.) muss am Dienstag ein Referat über Durs Grünbein - Alba halten und momentan stecke ich da irgendwie fest, irgendwie finde ich net so den richtigen zugang dazu...

erstmal das Gedicht:
Durs Grünbein
Alba (1994)

Endlich sind all die Wanderer tot
Und zur Ruhe gekommen die Lieder
Der Verstörten, der Landschaftskranken
In ihren langen Schatten, am Horizont.
Kleine Koseworte und Grausamkeiten
Treiben gelöst in der Luft. Wie immer
Sind die Sonnenbänke besetzt, lächeln
Kinder und Alte aneinander vorbei.
In den Zweigen hängen Erinnerungen,
Genaue Szenen aus einem künftigen Tag.
Überall Atem und Sprünge rückwärts
Durchs Dunkel von Urne zu Uterus.
Und das Neue, gefährlich und über Nacht
Ist es Welt geworden. So komm heraus
Aus zerwühlten Laken, sieh sie dir an,
Himmel, noch unbehelligt, und unten
Aus dem Hinterhalt aufgebrochen,
Giftige Gräser und Elstern im Staub,
Mit bösem Flügelschlag, Diebe
In der Mitte des Lebensweges wie du.

Wenn ich das (mir unbekannte) Gedicht einfach so lese, fällt mir auf:
Alles ist geregelt und scheint bestens: Wellness pur (Zeit für die Sonennbank), alles was sich nicht einrichtet, sondern verändern, weiter gehen will (Wanderer) sind tot. Aber die Welt ist nicht wünschenswert: Die Generetionen lächeln - aber aneinander vorbei. Und selbst die Erinnerungen an die Zukunft (!) sind schon vorgefertigt (hängen in den Zweigen). Dieses aus der zerstörten alten Welt Geborene (von Urne zu Uterus) ist gefährlich, weil es eigene Entfaltung nicht mehr ermöglicht (wozu auch das Recht auf Verstörtheit und Leiden an dieser Welt - Landschaftskrankheit- gehören würde).

Aufforderung dann, aus seinem Ruhezustand aufzustehen (Laken verlassen), die gar nicht so heile "schöne neue Welt" wahrzunehmen (giftige Gräser, Elstern im Staub). Diese sind sogar eine Chance: Wer sie wahrnimmt, kann verändern: "mit bösem Flügelschlag - wie du".
Und worin besteht die Chance? Abschied zu nehmen vom scheinbar-schönen schönen Schein, vom Vertrauten (Alba als Morgen-Abschiedslied) und sich auf die Schrecken selbst des Infernos / der Hölle einzulassen (wie dies Dante "in der Mitte seines Lebens" tut).

Müsste eigentlich "tragen". aber wie gesagt: das ist so ein erster eindruck ohne recherche oder kenntnis des autors! (also vorsicht! vielleicht gibt es bessere alternativen!)

Gruß
Sirius

Gruß
litterman
BeitragVerfasst am: 29. Apr 2006 15:39    Titel: Durs Grünbein - Alba Erschliessung und Interpretation

Hallo zusamen, ich (13. Jgst.) muss am Dienstag ein Referat über Durs Grünbein - Alba halten und momentan stecke ich da irgendwie fest, irgendwie finde ich net so den richtigen zugang dazu...

erstmal das Gedicht:
Durs Grünbein
Alba (1994)

Endlich sind all die Wanderer tot
Und zur Ruhe gekommen die Lieder
Der Verstörten, der Landschaftskranken
In ihren langen Schatten, am Horizont.
Kleine Koseworte und Grausamkeiten
Treiben gelöst in der Luft. Wie immer
Sind die Sonnenbänke besetzt, lächeln
Kinder und Alte aneinander vorbei.
In den Zweigen hängen Erinnerungen,
Genaue Szenen aus einem künftigen Tag.
Überall Atem und Sprünge rückwärts
Durchs Dunkel von Urne zu Uterus.
Und das Neue, gefährlich und über Nacht
Ist es Welt geworden. So komm heraus
Aus zerwühlten Laken, sieh sie dir an,
Himmel, noch unbehelligt, und unten
Aus dem Hinterhalt aufgebrochen,
Giftige Gräser und Elstern im Staub,
Mit bösem Flügelschlag, Diebe
In der Mitte des Lebensweges wie du.

dazu noch 2 Informationen die ich noch habe, die mir aber nicht wirklich weiterhelfen:
„Alba“ ist die lateinisch/italienische Bezeichnung für das Tagelied der mhd. Literatur, dessen
beherrschendes Motiv die Trennung zweier Liebender am Morgen nach einer gemeinsam verbrachten
Nacht ist.

„In der Mitte des Lebenswegs“ ist eine Anspielung auf den Eingangsvers von Dantes Versepos
Göttliche Komödie (1307-1321), dem klassischen Werk der italienischen Literatur, in dem die
Wanderung des Protagonisten durch Hölle und Fegefeuer (Purgatorium) zum Paradies geschildert
wird.

So, jetzt meine Fragen:
1. Könnte mir mal jemand auf die Sprünge helfen worum es in dem Gedicht überhaupt geht?
2. welche Zentralen Motive gibt es noch neben dem Wandermotiv (ich habe mir überlegt das mit dem Wandermotiv bei Nietzsche und in der Romantik zu vergleichen)
3. gibts sonst noch irgendwelche besonderen Aspekte, wie gesagt ich finde momentan nicht so den Zugang zu dem Gedicht...

Schonmal danke im Vorraus für die Hilfe...

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