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Lindenblatt
BeitragVerfasst am: 12. Okt 2006 13:02    Titel: Gesucht: ein Gegenwartsroman!

Auch eine Analysefrage (oder eine der Interpretationskunst oder eine Erinnerungsaufgabe...?):

Kleines literarisches Stil-Rätsel eines Lehrers, das ich hier weitergeben will:

Wer kann hier helfen - und rät oder kennt und erweist genau das richtige Ergebnis?

Welcher Roman mit diesen Zitaten ist hier gemeint?

Das „Schriftdeutsch ist (...) von den Redensarten der Dörfler am Bodensee durchtränkt“.

Drei Stellen heraus:

"Dann stand er auf und sagte, bevor er hier auch noch in eine Bescherung verwickelt werde, gehe er lieber. Es schneie immer noch, er solle Obacht geben, daß er nicht noch falle, sagte die Mutter. Kui Sorg, Augusta,
sagte er, an guate Stolperer fallt it glei. […] Und wieder in seiner Sprache: Der sell hot g´seet: No it hudla, wenn´s a´s Sterbe goht. "

*

"Und da ihm jetzt schon ein paar Fremde, die aufs Schiff warteten, zuhörten, sagte er besonders laut: Alle Menschen müssen sterben, hot de Jud gseit, vielleicht ich auch."

*

"Ist doch auch wahr, sagte Hanse Luis. Was derselbige Dirigent vom Musizieren gesagt hat, daß miteinander anzufangen keine Kunst ist, aber mit einander aufhören schon, das kann man jetzt auch vom Krieg sagen."

Der Lehrer gab als Erläuterung dazu:

Walter Benjamin schreibt in seiner 1931 publizierten Rezension "Oskar Maria Graf als Erzähler" über die literarsiche „Richtung“, die „eine neue Schule die ´epische´ nennt“:

„Denn dieser Begriff, der zuerst am Theater exemplifiziert wurde, hat doch auch für die Prosa seinen guten Sinn, und da kann man sagen, daß er das Lehrhafte gegen das Insichgekehrte, den Erzähler gegen den
Romancier zur Geltung bringt. Das mündlich Tradierbare, das Gut der Erzählung, ist nämlich von anderer Beschaffenheit als das, was den Bestand des Romans ausmacht. Es hebt den Roman scharf gegen alle übrigen Formen der Prosa: Märchen, Sage, Sprichwort, Schwank, Witz ab, daß er aus mündlicher Tradition weder kommt noch in sie eingeht. Die Geburtskammer des Romans ist, geschichtlich gesehen, die Einsamkeit des Individuums, das sich über seine wichtigsten Anliegen nicht mehr exemplarisch aussprechen kann, selbst unberaten ist und keinen Rat geben kann. Die Fähigkeit, Gehörtes weiterzugeben und im Erlebten den Geist der Geschichte, das Erzählbare zu wecken, diese simple Gabe, objektiv und interessant zugleich zu sein, sie ist gebunden an die reine Erschlossenheit des inneren Menschen.“

*

Frage: Welcher Roman ist gemeint? Es muss ein Gegenwartssroman sein.

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