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Lindenblatt
BeitragVerfasst am: 02. Dez 2005 09:54    Titel:

Ergänzend zu "NATHAN" - Lessings Dramentheorie

Insbesondere "Nathan de Weise" als Lessings anspruchsvollstes, bis heute noch nicht politisch und religiös realisiertes Drama ist im Zusammenhang mit der Entwicklung seines künstlerischen Selbstverständnisses zu sehen, insbesondere mit seiner Dramenthorie.

Wer also z.B. "Nathan" liest, wird auch, spätestens von seinen Lehrern, mit dieser Theorie konfrontiert... - und interessiert ist die deutsche Aufklärung, von Lessing bis Brecht...


Infomationen und Übungsfragen (samt Lösungsvorschlag)

„Die Tragödie ist Nachahmung tätiger Menschen [...], und dadurch, dass sie Mitleid (éleos) und Furcht (phóbos) erregt, bewirkt sie die ihr eigentümliche Reinigung (he kátharsis) derartiger Affekte.“ Im aristotelischen Sinne stellt das Mitleid die angemessene emotionale Reaktion auf das unverdiente Unglück eines anderen, die Furcht eine wesentlich selbstbezogene Emotion aufgrund der Überzeugung dar, dass es einem selbst ähnlich wie dem Protagonisten ergehen könnte. Der konkrete Begriff der Reinigung bleibt jedoch ungeklärt.“

Skizzieren Sie die Wirkung der Tragödie nach Aristoteles!

Informationen:
Die von ihm intendierte Theorie des Dramas erklärt Lessing in einem Brief an Friedrich Nicolai im November 1756:

"Wenn es also wahr ist, daß die ganze Kunst des tragischen Dichtens auf die sichere Erregung und Dauer des einigen Mitleidens geht, so sage ich nunmehr, die Fähigkeit der Tragödie ist diese: sie soll unsere Fähigkeit, Mitleid zu fühlen, erweitern. Sie soll uns nicht blos lehren, gegen diesen oder jenen Unglücklichen Mitleid zu fühlen, sondern sie soll uns so weit fühlbar machen, daß uns der Unglückliche zu allen Zeiten, und unter allen Gestalten, rühren und für sich einnehmen muß. Und nun berufe ich mich auf einen Satz, den Ihnen Herr Moses vorläufig demonstriren mag, wenn Sie, Ihrem eignen Gefühl zum Trotz, daran zweifeln wollen. Der mitleidigste Mensch ist der beste Mensch, zu allen gesellschaftlichen Tugenden, zu allen Arten der Großmuth der aufgelegteste. Wer uns also mitleidig macht, macht uns besser und tugendhafter, und das Trauerspiel, das jenes thut, thut auch dieses, oder – es thut jenes, um dieses thun zu können. Bitten Sie es dem Aristoteles ab, oder widerlegen Sie mich.“
(Gotthold Ephraim Lessing, Modes Mendelssohn, Friedrich Nicolai: Briefwechsel über das Trauerspiel [1756/57], hg. v. J. Schulte-Sasse, München 1972.]

Skizzieren Sie die Wirkung der Tragödie nach Lessing!

Informationen:
Der Dichter, der eine Handlung recht wahrscheinlich darstellen will, ist darauf bedacht, „eine Reihe von Ursachen und Wirkungen zu erfinden, nach welcher jene unwahrscheinliche Verbrechen nicht wohl anders, als geschehen müssen. Unzufrieden, ihre Möglichkeit bloß auf die historische Glaubwürdigkeit zu gründen, wird er suchen, die Charaktere seiner Personen so anzulegen; wird er suchen, die Vorfälle, welche diese Charaktere in Handlung setzen, so notwendig einen aus dem andern entspringen zu lassen; wird er suchen, die Leidenschaften nach eines jeden Charakter so genau abzumessen; wird er suchen, diese Leidenschaften durch so allmähliche Stufen durchzuführen: dass wir überall nichts als den natürlichsten, ordentlichsten Verlauf wahrnehmen; dass wir bei jedem Schritte, den er seine Personen tun lässt, bekennen müssen, wir würden ihn, in dem nämlichen Grade der Leidenschaft, bei der nämlichen Lage der Sachen, selbst getan haben; dass uns nichts dabei befremdet, als die unmerkliche Annäherung eines Zieles, von dem unsere Vorstellungen zurückbeben, und an dem wir uns endlich, voll des innigsten Mitleids gegen die, welche ein so fataler Strom dahinreißt, und voll Schrecken über das Bewusstsein befinden, auch uns könne ein ähnlicher Strom dahinreißen, Dinge zu begehen, die wir bei kaltem Geblüte noch so weit von uns entfernt zu sein glauben.“(Aus: Lessing:Hamburgische Dramaturgie, 32. Stück)

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Lessings DRAMENTHEORIE (+ Lösungsvorschlag)

„Die Tragödie ist Nachahmung tätiger Menschen [...], und dadurch, dass sie Mitleid (éleos) und Furcht (phóbos) erregt, bewirkt sie die ihr eigentümliche Reinigung (he kátharsis) derartiger Affekte.“ Im aristotelischen Sinne stellt das Mitleid die angemessene emotionale Reaktion auf das unverdiente Unglück eines anderen, die Furcht eine wesentlich selbstbezogene Emotion aufgrund der Überzeugung dar, dass es einem selbst ähnlich wie dem Protagonisten ergehen könnte. Der konkrete Begriff der Reinigung bleibt jedoch ungeklärt.“

Skizzieren Sie die Wirkung der Tragödie nach Aristoteles:

Informationen:
Seine eigene Theorie erklärt Lessing in einem Brief an Friedrich Nicolai im November 1756:
"Wenn es also wahr ist, daß die ganze Kunst des tragischen Dichtens auf die sichere Erregung und Dauer des einigen Mitleidens geht, so sage ich nunmehr, die Fähigkeit der Tragödie ist diese: sie soll unsere Fähigkeit, Mitleid zu fühlen, erweitern. Sie soll uns nicht blos lehren, gegen diesen oder jenen Unglücklichen Mitleid zu fühlen, sondern sie soll uns so weit fühlbar machen, daß uns der Unglückliche zu allen Zeiten, und unter allen Gestalten, rühren und für sich einnehmen muß. Und nun berufe ich mich auf einen Satz, den Ihnen Herr Moses vorläufig demonstriren mag, wenn Sie, Ihrem eignen Gefühl zum Trotz, daran zweifeln wollen. Der mitleidigste Mensch ist der beste Mensch, zu allen gesellschaftlichen Tugenden, zu allen Arten der Großmuth der aufgelegteste. Wer uns also mitleidig macht, macht uns besser und tugendhafter, und das Trauerspiel, das jenes thut, thut auch dieses, oder – es thut jenes, um dieses thun zu können. Bitten Sie es dem Aristoteles ab, oder widerlegen Sie mich.“
(Gotthold Ephraim Lessing, Modes Mendelssohn, Friedrich Nicolai: Briefwechsel über das Trauerspiel [1756/57], hg. v. J. Schulte-Sasse, München 1972.

Skizzieren Sie die Wirkung der Tragödie nach Lessing:

Informationen:

Der Dichter, der eine Handlung recht wahrscheinlich darstellen will, ist darauf bedacht, „eine Reihe von Ursachen und Wirkungen zu erfinden, nach welcher jene unwahrscheinliche Verbrechen nicht wohl anders, als geschehen müssen. Unzufrieden, ihre Möglichkeit bloß auf die historische Glaubwürdigkeit zu gründen, wird er suchen, die Charaktere seiner Personen so anzulegen; wird er suchen, die Vorfälle, welche diese Charaktere in Handlung setzen, so notwendig einen aus dem andern entspringen zu lassen; wird er suchen, die Leidenschaften nach eines jeden Charakter so genau abzumessen; wird er suchen, diese Leidenschaften durch so allmähliche Stufen durchzuführen: dass wir überall nichts als den natürlichsten, ordentlichsten Verlauf wahrnehmen; dass wir bei jedem Schritte, den er seine Personen tun lässt, bekennen müssen, wir würden ihn, in dem nämlichen Grade der Leidenschaft, bei der nämlichen Lage der Sachen, selbst getan haben; dass uns nichts dabei befremdet, als die unmerkliche Annäherung eines Zieles, von dem unsere Vorstellungen zurückbeben, und an dem wir uns endlich, voll des innigsten Mitleids gegen die, welche ein so fataler Strom dahinreißt, und voll Schrecken über das Bewusstsein befinden, auch uns könne ein ähnlicher Strom dahinreißen, Dinge zu begehen, die wir bei kaltem Geblüte noch so weit von uns entfernt zu sein glauben.“
(Aus: Lessing: Hamburgische Dramaturgie, 32. Stück)

LÖSUNGSVORSCHLAG:
Mögliche Tafelanschrift /
Kopiervorlage für Overhead-Folie:


Wahrscheinlichkeit des Nachvollzugs der Handlung nach Lessings Dramenvorgabe:

Historische Glaubwürdigkeit
Natürlicher, ordentlicher Verlauf
Identifikation des Zuschauers mit den Figuren
Attraktive, häufig tragische Charaktere der Personen
Vorfälle und Handlungsschritte in logischer Abfolge
Genau abgemessene, nachvollziehbare Leidenschaften
Allmähliche Steigerung der Leidenschaften und Affekte
Mitleid des Zuschauers mit den Figuren des Dramas
Schrecken darüber, dass uns ein ähnliches Schicksal ergreifen könnte
abraxas
BeitragVerfasst am: 20. Okt 2005 12:01    Titel:

Erstmal: es handelt sich hierbei um ein Stück und nicht um ein Buch. Ausserdem: Nathan der Weise. Nicht der Weiße. Ob er weiß war darf bezweifelt werden, da er in Jerusalem lebte.

In dem Stück (von Gotthold Ephraim Lessing) geht es um die Differenzen zwischen den drei monotheistischen Weltreligionen: Judentum, Christentum und Islam. Insofern also ein hochaktuelles und sehr interessantes Stück. Ich hab es mal in Berlin in einer Aufführung des Brecht-Ensembles gesehen - die war zwar recht gewöhnungsbedürftig... aber immerhin einigermaßen interessant war.

Näheres über das Stück findet ihr bei www.wikipedia.de sicher auch! Da gibts von vilelen bedeutenden Stücken gute Zusammenfassungen.

grüße, abraxas
jenny
BeitragVerfasst am: 19. Okt 2005 14:38    Titel: normal geschreiben ?????

normal geschreiben ?????

hast du ein anderes buch als ich gelesen????

ich fands ziemlich schwer zum lesen, wenn auch der inhalt egtl nicht sooo komplex ist..
darf bald "kabale und liebe" lesen, finde so dramen nicht gut zu lesen und vor allem beim nathan durft ich öfters nochmal n stück 2 mal lesen weil die sprache so komisch war und ich rausgekommen bin, aber man gewöhnt sich dran....
( bin jetzt 12. klasse )
Iiiines
BeitragVerfasst am: 15. Jun 2005 19:40    Titel:

Du schreibst ja ziemlich positiv davon?!Hätte ich nicht erwartet... geschockt aber das freut mich! Hab da heute mal reingeschaut- schaut nach Theater aus und ich kann bis jetzt echt nicht viel damit anfangen. Werde mich überrraschen lassen Big Laugh
Bussi
m-o-d
BeitragVerfasst am: 12. Jun 2005 20:02    Titel:

hi, wir haben "Nathan der Weise" vor "Die Leiden des jungen Werther" und "Die Räuber" gelesen (z.Z. lesen wir "Antigone" v. Sophokles), und ich muss sagen, ich fand es eigentlich total gut; endlich mal ein Buch, was ganz normal geschrieben und wirklich relativ gut und schnell zu verstehen, sowie leicht zu lesen ist! Die Hauptausage ist ganz klar zu erkennen (Ringparabel--Religionskonflikt--geg. religiösen Fanatismus--"alle Religionen sind gleichwertig, es gibt keine, die besser, oder schlechter ist") und außerdem in eine ansprechende story drum herum eingebettet, wie ich finde smile !
Lohnt sich auf jeden Fall zu lesen, im Gegensatz zu vielen anderen nervtötenden "hoch-literarischen" Werken !!!! (wie z.B. "Der Kaukasische Kreidekreis" von B.Brecht---furchtbar---aber das ist ja immer subjektiv...)
also dann, Gruß + viel Spass,
m-o-d
iiiiiiiiiines
BeitragVerfasst am: 12. Jun 2005 18:45    Titel: Nathan der Weise

Hi! Wir lesen demnächst "Nathan der Weise" Kennt jemand dieses Stück schon?Ich kann mir nichts darunter vorstellen. Wäre euch dankbar, wenn ihr ein paar Eindrücke aufschreiben würdet.
Bye bye Wink

//edit: Fehlerchen wurden korrigiert... konnte ich nicht so stehenlassen.
gruß, abraxas

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