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Textinterpretation: Günter Weisenborn "Die Aussage"
 
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Lia
Gast





BeitragVerfasst am: 03. Dez 2006 17:23    Titel: Textinterpretation: Günter Weisenborn "Die Aussage" Antworten mit Zitat

Hi leute,

wir sollen zu morgen eine interpretation zu der kurzgeschichte die aussage von günter weisenborn schreiben, ich bin mir nich sicher ob ich das richtig gemacht habe und würde mich freuen wenn sich einer von euch nochmal den text durchliest.


Die Kurzgeschichte „Die Aussage“, geschrieben von Günter Weisenborn, aus dem Jahr 1947 thematisiert den Zusammenhalt der Menschen unter unmenschlichen Bedingungen.

Ein Häftling eines Gestapogefängnisses versucht, sich heimlich durch Klopfzeichen mit seinem Zellennachbarn zu verständigen, während der Wächter alle paar Sekunden in die Zelle schaut. Da sie verschiedene Klopfzeichen gebrauchen, misslingt die Verständigung zunächst. Schließlich versteht der Nachbar die Klopfzeichen des Häftlings bzw. des Ich-Erzählers. Daraufhin bittet der Häftling den Zellennachbarn K. die Aussage, die für ihn den Tod bedeutet zurückzunehmen, was der Zellennachbar auch bestätigt. Als Dank für die Zurücknahme der Aussage lässt der Häftling seinem Nachbarn einen Bleistift, um den dieser gebeten hatte, in einer gefährlichen Situation zukommen. Nachdem der Nachbar durch Klopfzeichen die Rücknahme der Aussage bestätigt hat, schöpft der Ich-Erzähler Hoffnung dem Tod entronnen zu sein.

Die Wirkung des Textes auf den Leser ist sehr intensiv, da der Leser sich in die Situation hineinversetzten kann. Er durchlebt Emotionen wie Angst, Hoffnung und Dankbarkeit des Ich-Erzählers mit.

Der Autor hat als Erzählform die Ich-Form gewählt, somit erscheint er gleichzeitig als erlebende und erzählende Person.
Sein Erzählerstandort befindet sich mitten im Geschehen, wodurch ein geringer Überblick, aber dennoch ein spannendes direktes Miterleben für den Leser möglich ist.
Außerdem wählte Günter Weisenborn ein personales Erzählverhalten, bei dem der Erzähler aus der Perspektive einer oder mehrerer Personen erzählt, ohne als Erzähler aufzutreten und Kommentare abzugeben.
Zusätzlich ist im Text die sehr ernste Erzählhaltung des Autors erkennbar.

Der Autor beginnt das Geschehen mit einem Erzählerbericht „Als ich abends gegen zehn Uhr um mein Leben klopfte.“ (Z.1-55). Danach folgt direkte Rede mit: „Du musst deine Aussage zurücknehmen.“ (Z.56-69), die aber nur durch Klopfzeichen wiedergegeben wird. Weiter geht es mit indirekter Rede „Der Kommissar hatte gesagt, dass bei mir der Kopf nicht dran bleiben würde.“ (Z.49-51). Die erlebte Rede und ein innerer Monolog sind nicht vorhanden. Einen Kommentar bzw. eine Reflexion wie z. B. „Das werde ich nie vergessen.“ (Z.72/73) ist vorzufinden. Das szenische Erzählen beginnt in Z. 56 mit: „Du musst deine .......“ und endet mit: „Morgen Sparziergang.“ in Z.69. Danach folgt dann wieder der Erzählerbericht, der bis zum Schluss fortgesetzt wird.

Das Thema der Kurzgeschichte bezieht sich auf das Motiv, nämlich auf die im Titel vorhandene Aussage.
Die Geschichte spielt in einem Gestapogefängnis zur Zeit des zweiten Weltkriegs in einer Atmosphäre von ständiger Bedrohung und Angst und Verzweiflung.
Der Autor hat insgesamt drei Darsteller erfunden. Die Hauptfigur, der Ich-Erzähler, ist ein Häftling, der sich im SS-Gefängnis befindet und zum Tode verurteilt ist. Die zweite Hauptfigur K. ist ebenfalls zum Tode verurteilt und in einer Zelle eingesperrt. Aber da er der Zellennachbar von dem anderen Häftling ist, hilft K. ihm durch die Zurücknahme seiner Aussage dem Tod zu entkommen. Des Weiteren spielt der Wachtposten der Gestapo eine Nebenrolle, weil er ständig in die Zelle des Häftlings schaut.

Der Wendepunkt der Kurzgeschichte befindet sich in Z.36 „Verstehe.“. Er fällt mitten in einen Höhepunkt rein, da ab Z.31 die Spannung steigt. Weitere Höhepunkte Günter Weisenborns befinden sich in Z.12 wegen der Verzweiflung des Häftlings, in Z.70 „Es wurde plötzlich hell. Das Auge der SS blickte herein.“ und von Z.87 bis Z.95, wo der Ich-Erzähler die Bleistiftspitze in die Nachbarzelle wirft.

Wie üblich für eine Kurzgeschichte sind der Beginn und das Ende offen. Der Beginn ist unvermittelt, weil der Leser keine einleitenden Erklärungen, die auf das Kommende vorbereiten, erhält. Ohne Schauplatzwechsel und ohne Hintergrundinformationen wird im Wechsel zwischen Erzählerbericht und Figurenrede eine Geschichte aus der Haft erzählt, wodurch der Autor die Konzentration des Lesers auf einen Geschehensausschnitt lenken möchte. Mit den manchmal unvollständigen Sätzen stellt Weisenborn eine Nähe zur Alltagsprache dar. Das offene Ende besteht darin, dass die Bestätigung der Aussage in Z.98 zeigt, wie die Menschen zusammenhalten, aber dennoch die Bedrohung durch die Gestapo, was im letzten Satz der Kurzgeschichte durch das „Vielleicht.“ (Z.101) deutlich wird, weiterhin bestehen bleibt.

Beim Untersuchen der sprachlichen Besonderheiten habe ich festgestellt, dass sich einige Wörter bestimmten Wortfeldern wie z.B. Gefängnis oder Hofgang zuordnen lassen.
Außerdem hat der Autor sehr viele Adjektive wie z. B. „atemlos kalter Präzision“ (Z.34), „wartende Kilometer“ (Z.4Rock oder „erstaunte Aufblicken“ (Z.92) verwendet. Es sind wenige Adjektive, die eine bedrückende, beengte Stimmung ausdrücken, aber auch ansatzweise aufkeimende Hoffnung machen.
Statische („liegen“ (Z.2), „standen und warteten“ (Z.87/8Rock) und dynamische („klopfen“ (Z.8ff), „ticken“ (Z.22)) Verben bezeichnen verschiedene Situationen. Die statischen Verben benutzt Günter, wenn die SS in der Nähe ist und die dynamischen Verben benutzt er in der Zelle bzw. auf dem Hof oder bei der Kontaktaufnahme zwischen den Häftlingen. Daraus entsteht ein starker Kontrast zwischen Angst und Hoffnung.
Es kommen verschiedene Satzarten vor: In Z.82 ein Ausrufesatz, in Z.17 und in Z.67 jeweils ein Fragesatz und eine Menge Aussagesätze. Bis Z.35 wird das Geschehen in kurzen Sätzen wiedergegeben, damit die Anspannung des Ich-Erzählers erkennbar wird. Erst als die Verständigung der Häftlinge klappt, werden die Sätze länger und weniger dramatisch.
Mit wenigen Konjunktionen, wie z.B. mit „als“ (Z.1) oder mit „wenn“ (Z.53) drückt der Autor die Zeit oder eine Bedingung aus. Außerdem verwendet er Inhaltssätze –Objektsätze mit der Konjunktion „dass“ (Z.50 und Z.75).

Meiner Meinung nach möchte der Autor Günter Weisenborn mit seiner Kurzgeschichte „Die Aussage“ deutlich machen, dass Menschen die unter unmenschlichen Bedingungen leben müssen, nicht aufgeben, sondern den Kontakt zu anderen suchen sollten, um gemeinsam eine Lösung zu finden.
Außerdem gefällt es mir, dass der Leser mit dem Ich-Erzähler das Geschehene unmittelbar und ohne zeitliche Distanz miterlebt. Er verfügt nicht über mehr Wissen als die Hauptfigur und steht unter derselben Anspannung wie sie.


danke lia
fdasyyy
Gast





BeitragVerfasst am: 15. Apr 2010 16:48    Titel: Antworten mit Zitat

Ist eine insgesamt sehr gut gelungene Interpretation.
Mark Rnschler
Gast





BeitragVerfasst am: 05. Dez 2014 14:00    Titel: Antworten mit Zitat

Wir haben gerade das selbe Thema in der Schule und den selben Text und ich würde sagen, dass du alles richtig gemacht hast Freude
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