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Sagend, sagende, gestiegen seinde
 
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Langemarck



Anmeldungsdatum: 08.03.2017
Beiträge: 25

BeitragVerfasst am: 08. März 2017 21:45    Titel: Sagend, sagende, gestiegen seinde Antworten mit Zitat

Diese Frau, von Jesu hörende [oder hörend?], kam im Volk von hintenzu und rührte sein Kleid an.
Die unsauberen Geister, ausgefahren seinde [oder: seind? wesend? oder: habend(e)], fuhren in die Säue.
Und Jesus, fühlend[e] an sich selbst die Kraft, die von Ihm ausgegangen war, wandte sich um zum Volk.
Das Weib aber fürchtend[e] und zitternd[e], wissend[e] was an ihr geschehen war, kam und fiel vor Ihm nieder.

Ich weiß nicht, wie diese grammatischen Verbformen im Deutschen heißen, weil sie heutzutage nicht so oft vorkommen. Müssen sie mit ein ''-e'' geschrieben werden, oder ohne? Und wie heißen sie in der Grammatik?
Steffen Bühler
Administrator


Anmeldungsdatum: 26.06.2012
Beiträge: 1008

BeitragVerfasst am: 08. März 2017 21:56    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist ein Partizip I und wird hier jeweils ohne e gebildet. Auch heißt es "seiend", nicht "seind". Mehr z.B. hier.

Viele Grüße
Steffen
Langemarck



Anmeldungsdatum: 08.03.2017
Beiträge: 25

BeitragVerfasst am: 08. März 2017 22:08    Titel: Danke, Steffen! Antworten mit Zitat

Ist es denn korrekt, zu sagen:

<Und Petrus, hinausgegangen seiend, weinte bitterlich.> oder:
<........................................habend, weinte bitterlich.>

in der Bedeutung von: Und Petrus ging hinaus und weinte bitterlich.
Steffen Bühler
Administrator


Anmeldungsdatum: 26.06.2012
Beiträge: 1008

BeitragVerfasst am: 09. März 2017 07:57    Titel: Antworten mit Zitat

Ersteres ist korrekt, aber vollkommen unüblich.
Aracan



Anmeldungsdatum: 07.02.2017
Beiträge: 253

BeitragVerfasst am: 09. März 2017 15:08    Titel: Antworten mit Zitat

In älteren Texten (ich schätze, so bis Mitte des 19. Jahrhunderts) findet sich nicht selten das Schluss-e zum Partizip I. Es ist aber längst verlorengegangen. Die Bildungen "hinausgegangen seiend", "ausgefahren seiend" sind theoretisch korrekt (analog zum englischen Gerund), aber im Deutschen werden sie, wie schon angemerkt, nicht verwendet.
Steffen Bühler
Administrator


Anmeldungsdatum: 26.06.2012
Beiträge: 1008

BeitragVerfasst am: 09. März 2017 16:44    Titel: Antworten mit Zitat

Das ist interessant. Ist es dann aber wirklich keine Apposition?

Denn man kann dann zwar sagen
Zitat:
Diese Frau, (eine) von Jesu hörende, rührte sein Kleid an.

Aber nicht
Zitat:
Und Jesus, fühlende an sich selbst die Kraft, wandte sich um zum Volk.

Hast Du ein Beispiel für die zweite Konstruktion?
Aracan



Anmeldungsdatum: 07.02.2017
Beiträge: 253

BeitragVerfasst am: 09. März 2017 17:20    Titel: Antworten mit Zitat

Aktuell nicht greifbar. Die Erinnerung an frühmoderne Texte mit solchen Wendungen ist mir vom Studium her geblieben. Ich muss sehen, ob ich was Einschlägiges finde - wenn ja, erstatte ich Bericht.
oberhaenslir



Anmeldungsdatum: 20.09.2007
Beiträge: 748

BeitragVerfasst am: 10. März 2017 11:59    Titel: Lutherbibel 1912 Antworten mit Zitat

Soll das der Luthertext aus Markus 5 sein?

"1Und sie kamen jenseits des Meers in die Gegend der Gadarener. 2Und als er aus dem Schiff trat, lief ihm alsbald entgegen aus den Gräbern ein besessener Mensch mit einem unsaubern Geist, 3der seine Wohnung in den Gräbern hatte; und niemand konnte ihn binden, auch nicht mit Ketten. 4Denn er war oft mit Fesseln und Ketten gebunden gewesen, und hatte die Ketten abgerissen und die Fesseln zerrieben; und niemand konnte ihn zähmen. 5Und er war allezeit, Tag und Nacht, auf den Bergen und in den Gräbern, schrie und schlug sich mit Steinen. 6Da er aber Jesum sah von ferne, lief er zu und fiel vor ihm nieder, schrie laut und sprach: 7Was habe ich mit dir zu tun, o Jesu, du Sohn Gottes, des Allerhöchsten? Ich beschwöre dich bei Gott, daß du mich nicht quälest! 8Denn er sprach zu ihm: Fahre aus, du unsauberer Geist, von dem Menschen! 9Und er fragte ihn: Wie heißt du? Und er antwortete und sprach: Legion heiße ich; denn wir sind unser viele. 10Und er bat ihn sehr, daß er sie nicht aus der Gegend triebe. 11Und es war daselbst an den Bergen eine große Herde Säue auf der Weide. 12Und die Teufel baten ihn alle und sprachen: Laß uns in die Säue fahren! 13Und alsbald erlaubte es ihnen Jesus. Da fuhren die unsauberen Geister aus und fuhren in die Säue; und die Herde stürzte sich von dem Abhang ins Meer (ihrer waren aber bei zweitausend) und ersoffen im Meer.

14Und die Sauhirten flohen und verkündigten das in der Stadt und auf dem Lande. Und sie gingen hinaus, zu sehen, was da geschehen war, 15und kamen zu Jesu und sahen den, der von den Teufeln besessen war, daß er saß und war bekleidet und vernünftig, und fürchteten sich. 16Und die es gesehen hatten, sagten ihnen, was dem Besessenen widerfahren war, und von den Säuen. 17Und sie fingen an und baten ihn, daß er aus ihrer Gegend zöge. 18Und da er in das Schiff trat, bat ihn der Besessene, daß er möchte bei ihm sein. 19Aber Jesus ließ es nicht zu, sondern sprach zu ihm: Gehe hin in dein Haus und zu den Deinen und verkündige ihnen, wie große Wohltat dir der HERR getan und sich deiner erbarmt hat. 20Und er ging hin und fing an, auszurufen in den zehn Städten, wie große Wohltat ihm Jesus getan hatte; und jedermann verwunderte sich.

21Und da Jesus wieder herüberfuhr im Schiff, versammelte sich viel Volks zu ihm, und er war an dem Meer. 22Und siehe, da kam der Obersten einer von der Schule, mit Namen Jairus; und da er ihn sah, fiel er ihm zu Füßen 23und bat ihn sehr und sprach: Meine Tochter ist in den letzten Zügen; Du wollest kommen und deine Hand auf sie legen, daß sie gesund werde und lebe. 24Und er ging hin mit ihm; und es folgte ihm viel Volks nach, und sie drängten ihn.

25Und da war ein Weib, das hatte den Blutgang zwölf Jahre gehabt 26und viel erlitten von vielen Ärzten und hatte all ihr Gut darob verzehrt, und half ihr nichts, sondern vielmehr ward es ärger mit ihr. 27Da die von Jesu hörte, kam sie im Volk von hintenzu und rührte sein Kleid an. (,,,)"
Langemarck



Anmeldungsdatum: 08.03.2017
Beiträge: 25

BeitragVerfasst am: 11. März 2017 15:03    Titel: Ist das alzo? Antworten mit Zitat

Das Partizip Prefekt eines Verbs läßt sich mit dem Partizip Prefekt des Verbs ''haben'' vereinigen, und formt dann ein Partizpi Prefekt mit aktivem Sinne, z.B.:
gesagt habend(e), geschlagen habend(e).

Die intransitiven Verben die ihre vollendete Gegenwart mit Hilfe von ''sein/wesen'' vormen, fügen zu ihrer Mittelword der vollendeten Gegenwart das Mittelwort ''seiend(e)''
und kriegen ein Mittelword dieser Zeit mit aktiver Bedeutung: gegangen seiend, gekommen seiende.

Und dies ist etwas ganz anderes als die Vorm, welche hier vorkommt:
Das Weib, (eines) von Jesu hörende, rührte sein Kleid an.
Und Jesus, fühlende an sich selbst die Kraft, wandte sich um zum Volk.

Dieses Partizip kan nämlich eine Handlung oder einen Zustand ausdrücken die zur selben Zeit geschehen wie die von dem Hauptsatz. Die in der erstgenannten, von mir gestellten Beispielen vorkomende Partizipien drücken Vorheriges aus.
Steffen Bühler
Administrator


Anmeldungsdatum: 26.06.2012
Beiträge: 1008

BeitragVerfasst am: 11. März 2017 15:44    Titel: Antworten mit Zitat

Die erstgenannten Formen sind Partizip II, die letztgenannten, wie geschrieben, Partizip I. Und, wie ebenfalls geschrieben, es darf kein e dran.
Langemarck



Anmeldungsdatum: 08.03.2017
Beiträge: 25

BeitragVerfasst am: 11. März 2017 17:42    Titel: Antworten mit Zitat

Steffen Bühler hat Folgendes geschrieben:
Die erstgenannten Formen sind Partizip II, die letztgenannten, wie geschrieben, Partizip I. Und, wie ebenfalls geschrieben, es darf kein e dran.


Danke für die Hilfe!
Langemarck



Anmeldungsdatum: 08.03.2017
Beiträge: 25

BeitragVerfasst am: 13. März 2017 13:27    Titel: Stimmt das? Antworten mit Zitat

Steffen Bühler hat Folgendes geschrieben:
Die erstgenannten Formen sind Partizip II, die letztgenannten, wie geschrieben, Partizip I. Und, wie ebenfalls geschrieben, es darf kein e dran.


Ja. Dann zu sagen, z.B.:

''Die unsauberen Geister, von Jesum ausgetrieben worden seiend , fuhren in die Säue.''

hat den selben Sinn wie:

Nachdem die unsauberen Geister ausgetrieben waren, fuhren sie in die Säue.

Stimmt das?
Steffen Bühler
Administrator


Anmeldungsdatum: 26.06.2012
Beiträge: 1008

BeitragVerfasst am: 13. März 2017 14:02    Titel: Antworten mit Zitat

Ja, das ist so richtig. Wie gesagt, die erste Variante ist unüblich, selbst im Schriftdeutschen.
Aracan



Anmeldungsdatum: 07.02.2017
Beiträge: 253

BeitragVerfasst am: 26. Mai 2017 14:34    Titel: Antworten mit Zitat

Nachtrag zur Frage des Schluss-E zum Partizip I in frühmodernen Texten: Ich habe nun endlich einmal in der Asiatischen Banise geblättert (weil sie mir zur Hand war) und auf Seite 16 der Erstausgabe von 1689 diese Stelle gefunden:

Der Prinz von Ava kan / und sein Vater der König wil uns nicht helffen / indem er vermeinet zu schwach zu seyn, nicht bedenckende/ daß eine gerechte Sache / und des Himmels Beystand / mehr als zehn Armen auszurichten vermögen. (Hervorhebung von mir)
Mir scheint, dass diese Konstruktion analog zu Jesus, fühlende an sich selbst die Kraft verläuft. Ähnliche Bildungen finden sich in dem Buch und anderen Barockromanen öfters.[/i]
Steffen Bühler
Administrator


Anmeldungsdatum: 26.06.2012
Beiträge: 1008

BeitragVerfasst am: 29. Mai 2017 11:43    Titel: Antworten mit Zitat

Hochinteressant! Dankeschön!

Viele Grüße
Steffen
oberhaenslir



Anmeldungsdatum: 20.09.2007
Beiträge: 748

BeitragVerfasst am: 16. Jun 2017 02:15    Titel: Partizip 1 Antworten mit Zitat

Hier schliesslich noch die Antwort auf die Frage von Herrn oder Frau Langemarck:

Das Partizip 1 wird als Verb und als Adverb nicht gebeugt.

Als Verb:
Das Weib aber, fürchtend und zitternd, wissend, was an ihm geschehen war, kam und fiel vor Ihm nieder.

Als Adverb:
Das Weib fiel zitternd vor Ihm nieder.

Das Partizip 1 wird nur bei der Verwendung als Adjektiv gebeugt:
Das fürchtende, zitternde und wissende Weib fiel vor Ihm nieder.
oberhaenslir



Anmeldungsdatum: 20.09.2007
Beiträge: 748

BeitragVerfasst am: 06. Aug 2017 08:09    Titel: Nichts zu danken?v Antworten mit Zitat

Nichts zu danken?
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