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deutschGK Gast
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Verfasst am: 12. März 2006 15:50 Titel: Goethe:Gefunden |
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hey leud, habe mal eine sehr wichtige Frage:
Welcher Epoche würdet ihr das Gedicht "Gefunden" von Goethe zuordnen?
hier das Gedicht:
Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.
Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Äuglein schön.
Ich wollt es brechen,
Da sagt es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?
Ich grub's mit allen
Den Würzlein aus.
Zum Garten trug ich's
Am hübschen Haus.
Und pflanzt es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.
lg |
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abraxas Ehrenmoderator
Anmeldungsdatum: 19.07.2004 Beiträge: 870
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Verfasst am: 13. März 2006 02:07 Titel: |
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Da es sich ja um ein Gedicht von Goethe handelt, gibt's zwei in Frage kommenden Epochen:
- Sturm und Drang (ca. von 1760-1787) (Prometheus)
- Weimarer Klassik (1786-1805) (Faust)
Die jeweils wichtigsten lyrischen Werke Goethes stehen in Klammern hinter den Jahreszahlen.
Jetzt kann man entweder stur die Jahreszahl heraussuchen und hoffen, dass es nicht 1786 ist, oder man versucht, eine Einordnung aufgrund der Natur und Beschaffenheit des Gedichtes zu machen. Und was meinst Du?
, abraxas _________________ Stell Dir vor es geht und keiner kriegts hin. |
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Christianes Sprecher Gast
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Verfasst am: 13. März 2006 19:58 Titel: |
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Goethe: „Gefunden“
Ein Naturgedicht, ein Liebesgedicht, ein Hochzeitsgedicht!
Ein schlicht-volkstümliches, durch die lieblichen Verkleinerungen besonders herzliches, fast kindliches Gedicht über einen leicht und alltäglich nachvollziehbaren Vorgang aus dem Motivbereich Mensch und Natur; es erinnert an das Motiv des Heideröslein, ist jedoch eher seine Umkehrung, und aus dem dortigen »wilden Knaben« scheint ein Naturschützer geworden zu sein. Man kann es dabei bewenden lassen, und diese Eingängigkeit mag die meisten der über 70 Vertonungen angeregt haben. Es gibt der Bildlichkeit jedoch wohl eine zusätzliche Dimension, wenn man im Betracht zieht, daß das Gedicht am 26.8.1813 auf dem Weg nach Ilmenau geschrieben und an die gern gärtnernde „Frau von Goethe“ gesandt wurde: nachträglich zum 25. Jahrestag ihrer ersten Begegnung im Park an der Ilm (12.7.1788).
1815 wurde von JWG das „kleine“ Fünfstrophige, das der Volksliedform verpflichtete Gedichtchen in die „Werke“ übernommen; 1827 noch um den Text einer undatierte „Vorstufe“ ergänzt: „Im Vorübergehen“. Die Fassungen lassen sich gut vergleichen, um ihre sprachlichen Veränderungen (Semantik, Syntax, Metaphern…) zu erfassen und zu interpretieren.
Goethe führt also ihre Liebe und ihre spätere Ehe auf eine Naturvorgang des im Walde spazieren gehenden Selbst, auf eine Kultivierung der gefundenen Pflanze und eine dauerhafte Pflege zurück: der Gemeinsamkeit des Wachsens, der Sorge für das Gedeihens und der gemeinsamen Lebensabsicht und der Sprache.
(Vgl. G.v.Wilpert, in: Goethe-Lexikon.)
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Das lieblich Volksliedhafte, die intim-niedlichen Diminutive, also Form und Sprache, entsprechen zwar nicht dem gewohnt souveränen, ideal-humanistisch gestimmten Goethe der Hochklassik - das Gedichtchen, für seine geliebte und sorgsam ihn verwöhnende und umsorgende Frau (sein "Bettschatz", wie von Goethes Mutter selber so tituliert) ist zwar nicht in unserem modernen Sprachsinne als Partnerschafts-Nachweis verfasst; aber er ist erkennbar: der liebevoll und anerkennend Sorgende, der großzügige und dankbare Hausherr! |
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