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Durcheinander mit den Vergangenheitsformen
 
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Trugbild



Anmeldungsdatum: 11.04.2007
Beiträge: 6

BeitragVerfasst am: 11. Apr 2007 16:08    Titel: Durcheinander mit den Vergangenheitsformen Antworten mit Zitat

Hallo zusammen
Neu hier im Forum hab ich auch grad schon eine Frage:

Wie lauten die korrekten Zeitformen für den folgenden Satz? (Inhalt, Stil, Wortwahl etc. sind irrelevant)

"Nach diversen Versuchen gelang es mir, diesem Ziel näher zu kommen. Gegen Ende des Tages habe ich mich zu einer vielversprechenden Ausgangslage vorgearbeitet."

Habe oder hatte? Da es ja der zeitliche Abschluss ist (während dem Tag näher gekommen, am Ende des Tages eine gute Ausgangslage erreicht) müsste es doch Perfekt sein, oder?
Aber das Annähern an das Ziel ist ein andauernder Prozess und das Erreichen einer guten Ausgangslage ist abgeschlossen... wäre es dann "Nach diversen Versuchen ist es mir gelungen, diesem Ziel näher zu kommen. Gegen Ende des Tages arbeitete ich mich zu einer vielversprechenden Ausgangslage vor"?

Ich bin verwirrt. grübelnd
abraxas
Ehrenmoderator


Anmeldungsdatum: 19.07.2004
Beiträge: 870

BeitragVerfasst am: 12. Apr 2007 09:56    Titel: Antworten mit Zitat

Mein Gefühl sagt: hatte!

Der Tag ist vorbei und Du beschreibst eine abgeschlossene Tätigkeit in der Vergangenheit.

Du nimmst im ersten Satz also Imperfekt, weil die Handlung nicht abgeschlossen ist. Leider gibts im Deutschen keine Zeit für die Beschreibung einer in der Vergangenheit andauernden Tätigkeit - man behilft sich mit dem allgemeinen Präteritum/Imperfekt.

Dann kommt aber das Plusquamperfekt im zweiten Satz. Du hast bereits im Satz zuvor die Sache in die Vergangenheit gestetzt. Jetzt ist's rum - aber immernoch in der tiefen Vergangenheit. Abgeschlossene Handlungen in der Vergangenheit bedürfen des Plusquamperfekts. Abgeschlossene Handlungen in der Gegenwart bedürfen des Perfekts.

So weit die Theorie. Wenn wir uns das näher anschauen, merken wir, dass das Deutsche, das sowieso ein sehr ungenaues Tempussystem hat, immer mehr... naja... verkommt... Augenzwinkern

"Ich hänge die Wäsche auf." (Präsens)
"Ich hing die Wäsche auf." (Präteritum - in der Vergangenheit war ich im Aufhängen der Wäsche begriffen... wir beschreiben einen andauernden Vorgang in der Vergangenheit.)
"Ich habe die Wäsche aufgehängt." (Perfekt [simpel] - Ich sage, dass der Vorgang "die Wäsche aufhängen" von mir beendet wurde. Und das geht auch ohen Bezug auf die Zeit, es ist einfach fertig.)
"Ich hatte die Wäsche aufgehängt." (Plusquamperfekt - ist für sich genommen glaub ich sogar ungrammatisch - Du musst erstmal eine Vergangenheit auzeigen, in der die Wäsche schon aufgehängt war... "Ich hatte am Dienstag die Wäsche schon aufgehängt, als Du kamst")

Und was ist mit dieser Konversation:
"Mensch Olli, wo warst Du gestern während des Spiels?"
"Na, ich hab die Wäsche aufgehängt... meine Frau ist doch im Urlaub."

(hrhrhr... gebts zu, ich bin der Beispielkönig...)
Was fällt uns auf? Abgesehen davon, dass Fussballfans keinen Genetiv benutzen würden? Klar, da benutzt jemand das Perfekt - und beschreibt damit einen Vorgang...

That's what you get for not having progressive forms... smile

Das Perfekt beschreibt im "Neu"deutschen halt auch immer mal wieder Vorgänge, obwohl es das nicht sollte... Umso dringender würde ich Dir in Deinem Beispiel zum Plusquamperfekt raten...

Grüße, abraxas

_________________
Stell Dir vor es geht und keiner kriegts hin.
Barium
Gast





BeitragVerfasst am: 12. Apr 2007 12:11    Titel: Antworten mit Zitat

abraxas hat Folgendes geschrieben:

"Ich hing die Wäsche auf." (Präteritum - in der Vergangenheit war ich im Aufhängen der Wäsche begriffen... wir beschreiben einen andauernden Vorgang in der Vergangenheit.)


Es heißt "Ich hängte die Wäsche auf", da "hängen" hier transitiv ist. Ist es intransitiv, ist die korrekte Imperfektform "hing".
"Ich hing herum." <=> "Ich hängte die Wäsche auf."

Mein Problem bei dem Satz ist, dass du dich ja nicht erst am Ende des Tages vorgearbeitet hast, sondern schon den ganzen Tag am Malochen warst.
Mir passt also die Wortwahl nicht.

Wenn du einen Zeitpunkt verwendest, wird die Frage unwichtig:
"Gegen Ende des Tages erreichte ich eine vielversprechenden Ausgangslage."
Trugbild



Anmeldungsdatum: 11.04.2007
Beiträge: 6

BeitragVerfasst am: 12. Apr 2007 14:18    Titel: Antworten mit Zitat

Danke für die Antworten.

abraxas hat Folgendes geschrieben:
"Ich hänge die Wäsche auf." (Präsens)
"Ich hing die Wäsche auf." (Präteritum - in der Vergangenheit war ich im Aufhängen der Wäsche begriffen... wir beschreiben einen andauernden Vorgang in der Vergangenheit.)
"Ich habe die Wäsche aufgehängt." (Perfekt [simpel] - Ich sage, dass der Vorgang "die Wäsche aufhängen" von mir beendet wurde. Und das geht auch ohen Bezug auf die Zeit, es ist einfach fertig.)

Da stimme ich nicht 100% mit Dir überein.
Unter "Ich hängte die Wäsche auf" verstehe ich: das war mal.
Unter "Ich habe die Wäsche aufgehängt" verstehe ich: das war kürzlich - die Wäsche hängt noch.
Vergleichbar mit dem klassischen Beispiel:
"Es schneite" = das war vor einiger Zeit.
"Es hat geschneit" = der Schnee liegt noch.


Barium hat Folgendes geschrieben:
Mein Problem bei dem Satz ist, dass du dich ja nicht erst am Ende des Tages vorgearbeitet hast, sondern schon den ganzen Tag am Malochen warst.
Mir passt also die Wortwahl nicht.

Richtig. Die Wortwahl ist völlig verwirrend. :-) Ich habe dem Verfasser auch geraten, einfach die Sätze umzuformulieren - dennoch wollte ich wissen, was nun in diesem Fall korrekt wäre.

Eine der Komplikationen habe ich inzwischen in "Gegen Ende des Tages" entdeckt. Denn "Gegen Ende des Tages habe ich eine vielversprechende Ausgangslage erreicht" könnte man auslegen als eine Prognose, die während dem Tag getätigt wird.
Andererseits:
"Nach diversen Versuchen gelang es mir, diesem Ziel näher zu kommen. Ich hatte mich zu einer vielversprechenden Ausgangslage vorgearbeitet."
Hier könnte man meinen, dass man dem Ziel näher gekommen ist, weil man sich im Vorfeld eine gute Ausgangslage geschaffen hatte.
Barium
Gast





BeitragVerfasst am: 12. Apr 2007 19:16    Titel: Antworten mit Zitat

Trugbild hat Folgendes geschrieben:
Denn "Gegen Ende des Tages habe ich eine vielversprechende Ausgangslage erreicht" könnte man auslegen als eine Prognose, die während dem Tag getätigt wird.


Aber nur in der Umgangssprache, wenn man das umgangssprachliche Futur verwendet, indem man das Futur II durch einfaches Perfekt umgeht.
Was du meinst, ist "Gegen Ende des Tages werde ich eine vielversprechende Ausgangslage erreicht haben".
Trugbild



Anmeldungsdatum: 11.04.2007
Beiträge: 6

BeitragVerfasst am: 13. Apr 2007 12:25    Titel: Antworten mit Zitat

Barium hat Folgendes geschrieben:
Trugbild hat Folgendes geschrieben:
Denn "Gegen Ende des Tages habe ich eine vielversprechende Ausgangslage erreicht" könnte man auslegen als eine Prognose, die während dem Tag getätigt wird.


Aber nur in der Umgangssprache, wenn man das umgangssprachliche Futur verwendet, indem man das Futur II durch einfaches Perfekt umgeht.
Was du meinst, ist "Gegen Ende des Tages werde ich eine vielversprechende Ausgangslage erreicht haben".


Klar. Ich mein ja nur "könnte man auslegen als".
abraxas
Ehrenmoderator


Anmeldungsdatum: 19.07.2004
Beiträge: 870

BeitragVerfasst am: 13. Apr 2007 12:30    Titel: Antworten mit Zitat

Ich bemerke hier mal wieder erhebliche Diskrepanzen bei deutschen Mutterspachlern...

@Barium: ja, da hab ich aber eigentlich nen doofen Fehler gemacht ^^... die Sache ist: in süddeutschen Dialekten wird zwischen beiden Formen kaum unterschieden. Der Satz "ich hing die Wäsche auf" ist mir ganz eindeutig im Ohr...

Im Hochdeutschen findet das aber keine Anwendung...

Die Sache mit den Zeiten ist einfach etwas arg schwierig, weil es halt auch nur so wenig Tempusformen gibt. Man kann nur grob sagen, ob ein Ereignis in der Vergangenheit, Gegenwart oder Zukunft stattfindet - man kann aber schlecht zwei Ereignisse in ein und der selben Zeit in eine gegenseitige Relation setzen.

@Trugbild: ich wollte eigentlich auch so weit gehen, zu sagen, dass das Perfekt im Deutschen nur auf gerade abgeschlossene Ereignisse anwendbar ist - aber eben da bin ich mir nicht so sicher. Ich habe nämlich auch schon Sätze gehört, wie:
"Es hat letztes Jahr auch so geschneit."
Was eigentlich falsch ist... (sehe ich zumindest so... aber ich bin schon bereit, selbst zu kapitulieren - es gibt sehr starke Unterschiede zwischen "Hoch"deutschen Formen und der Umgangssprache - leider).

Das der Satz im Endeffekt ambig bleibt ist halt leider nicht auszuschliessen, so ist Sprache halt.

_________________
Stell Dir vor es geht und keiner kriegts hin.
Trugbild



Anmeldungsdatum: 11.04.2007
Beiträge: 6

BeitragVerfasst am: 13. Apr 2007 12:45    Titel: Antworten mit Zitat

abraxas hat Folgendes geschrieben:
@Trugbild: ich wollte eigentlich auch so weit gehen, zu sagen, dass das Perfekt im Deutschen nur auf gerade abgeschlossene Ereignisse anwendbar ist - aber eben da bin ich mir nicht so sicher.

Nein, das wäre falsch. Es ist anwendbar auf alles, was einen Einfluss auf die Gegenwart hat.

Zitat:
Ich habe nämlich auch schon Sätze gehört, wie:
"Es hat letztes Jahr auch so geschneit."

Die gesprochene Sprache ist nicht die geschriebene Sprache.

Zitat:
es gibt sehr starke Unterschiede zwischen "Hoch"deutschen Formen und der Umgangssprache - leider).

Was soll ich als Schweizer dazu sagen?
Aber hier geht es um Grammatik - und da sollte man die Umgangssprache aussen vor lassen.
abraxas
Ehrenmoderator


Anmeldungsdatum: 19.07.2004
Beiträge: 870

BeitragVerfasst am: 20. Apr 2007 14:49    Titel: Antworten mit Zitat

Trugbild hat Folgendes geschrieben:

Aber hier geht es um Grammatik - und da sollte man die Umgangssprache aussen vor lassen.

Das sehe ich nicht so. Als Sprachwissenschaftler merkt man sehr schnell, dass es keine einzige Sprache gibt, die vollständig definiert wäre. Keine einzige der 6000 verschiedenen auf diesem Planeten!

Insofern sind Grammatiken immer nur Schnappschüsse und Ausschnitte lebendiger Sprachen. Ich meine nicht, dass man die alltägliche Umgangssprache in den Formalismus der Schriftsprache aufnehmen sollte, aber spätestens an dem Punkt, an dem ein genügend großer Anteil an Muttersprachlern eine bestimmte Konstruktion als Teil der Sprache ansieht, sollte man sich überlegen, ob und inwiefern dann das Regelwerk noch seine Daseinsberechtigung aufrechterhalten kann...

Insbesondere bei den Tempora ist momentan im Deutschen doch eine ganze Menge in Bewegung... Augenzwinkern

Grüße, abraxas

_________________
Stell Dir vor es geht und keiner kriegts hin.
schabu



Anmeldungsdatum: 19.04.2007
Beiträge: 37

BeitragVerfasst am: 21. Apr 2007 10:16    Titel: Antworten mit Zitat

Mal abseits von der Richtung (Grammatik der Umgangssprache oder nicht), in die Eure Diskussion jetzt geht (Grammatik der Umgangssprache oder nicht): "Es hat letztes Jahr geschneit" ist ein anständiger hochdeutscher Satz, oder? Er bezieht sich keineswegs auf Ereignisse, die gerade erst stattgefunden haben. Er beantwortet die Frage, ob es im letzten Jahr (aus heutiger Sicht) geschneit hat oder nicht. Das trifft ebenfalls auf "Es hat letztes Jahr auch so geschneit" zu. *Das ist die Eselsbrücke, die mir meistens hilft, die richtige Vergangenheitsform zu finden. 1.: Redet man aus der Sicht von heute (Präsens/Perfekt) oder aus der vergangener Zeiten (Präteritum/Plusquamperfekt)? 2. Ist die Handlung abgeschlossen (Perfekt/Plusquamperfekt) oder nicht (Präsens/Präteritum)?
Davon ausgehend, würde ich übrigens im verkorksten Ausgangsbeispiel ebenfalls für 'hatte' plädieren ("Ich versuchte, die Tür zu öffnen. Gegen Mittag hatte ich sie einen Spalt breit geöffnet. Ich klemmte meinen Fuß dazwischen.").

* Mir fällt grad auf, daß man hier doch in Umgangssprache/Hochdeutsch reinkommt. Müßte der Satz nicht hochdeutsch heißen: "Letztes Jahr schneite es auch so"? Ich kenne keinen mehr, der so spricht.

_________________
Reden ist Schweigen, Silber ist Gold.
abraxas
Ehrenmoderator


Anmeldungsdatum: 19.07.2004
Beiträge: 870

BeitragVerfasst am: 21. Apr 2007 11:40    Titel: Antworten mit Zitat

Wenn man vom Schneien spricht, spricht man vom Vorgang: man spricht vom fallenden Schnee.

Das Schneiende* ins letztjährige Perfekt zu setzen ist Umgangssprache - die aber zweifelsohne auch schon in die Schriftsprache Einzug gefunden hat (Perfekt!) Das kann auch keine Reform mehr korrigieren... eben deswegen ist das Thema ja auch ein derartig leidiges.

Zur verdeutlichung:
"Letztes Jahr hat hier auch so viel Schnee gelegen."
Grot-ten-falsch! Da muss man ins Präteritum setzen, denn man redet über den (zugegeben nicht allzu ersichtlichen) "Vorgang" des Liegen des Schnees. (Hier begeb ich mich mal abichtlich aufs grammatikalische Glatteis, aber lieber das als Prädikatlogik...)

Du hast also durchaus recht. Tolle Eselsbrücke übrigens.

Grüße, abraxas

*ich höre, wie ein gewisser her Martin H. aus M. gerade im Grabe rotiert. "Schnein und Weihnachtszeit" Big Laugh

_________________
Stell Dir vor es geht und keiner kriegts hin.
schabu



Anmeldungsdatum: 19.04.2007
Beiträge: 37

BeitragVerfasst am: 21. Apr 2007 12:19    Titel: Antworten mit Zitat

Stimmt. Wenn man ne Weile drüber nachdenkt, sträubt sich einem richtig das Nackenhaar bei einem Satz wie "Gestern hast Du mich so komisch angesehen". Augenzwinkern Ich glaub nicht, daß Du auf dem grammatikalischen Glatteis ausrutschen wirst, denn auch mir kommt es so vor, als könne man "hat gelegen" nur sagen, wenn inzwischen nichts mehr liegt. "Gestern hat hier Schnee gelegen" würde also heißen, daß seit spätestens gestern kein Schnee mehr liegt. Das verstehen aber möglicherweise nur noch aufmerksame Benutzer dieses Forums. ;D
Viele Grüße, S

_________________
Reden ist Schweigen, Silber ist Gold.
Pemmican



Anmeldungsdatum: 22.03.2005
Beiträge: 65

BeitragVerfasst am: 04. Jun 2007 13:18    Titel: Antworten mit Zitat

abraxas hat Folgendes geschrieben:
Ich bemerke hier mal wieder erhebliche Diskrepanzen bei deutschen Mutterspachlern...

@Barium: ja, da hab ich aber eigentlich nen doofen Fehler gemacht ^^... die Sache ist: in süddeutschen Dialekten wird zwischen beiden Formen kaum unterschieden. Der Satz "ich hing die Wäsche auf" ist mir ganz eindeutig im Ohr...


Nicht nur in süddeutschen Dialekten. Augenzwinkern
Der interessante Fall hier ist, daß sich die starken Formen des Verbs "hängen" auf Kosten der schwachen ausdehnen. Ich schätze, daß in einigen Jahren "hing/gehangen" auch in transitiven Sätzen noch weitaus üblicher werden als heute.



Zitat:
@Trugbild: ich wollte eigentlich auch so weit gehen, zu sagen, dass das Perfekt im Deutschen nur auf gerade abgeschlossene Ereignisse anwendbar ist - aber eben da bin ich mir nicht so sicher. Ich habe nämlich auch schon Sätze gehört, wie:
"Es hat letztes Jahr auch so geschneit."
Was eigentlich falsch ist... (sehe ich zumindest so... aber ich bin schon bereit, selbst zu kapitulieren - es gibt sehr starke Unterschiede zwischen "Hoch"deutschen Formen und der Umgangssprache - leider).


"Leider"?? *tse*
Warum sollte "Es hat letztes Jahr auch so geschneit" denn falsch sein?!
Wenn es letztes Jahr außerordentlich viel geschneit hat und dieses Jahr der Schnee ebenfalls in Massen zu Boden geht, dann kann man durchaus sagen: "Es hat letztes Jahr auch so geschneit!", denn:
Dadurch zieht man eine Handlung in die Gegenwart zurück, die zwar abgeschlossen, aber dennoch nicht ohne Relevanz für das jetzige Ereignis ist: Es wird Bezug genommen auf ein vergangenes Ereignis und selbiges wird in Verbindung gebracht mit der gegenwärtigen Lage - also in der Tat grünes Licht fürs Perfekt.


Übrigens
(ich glaube ich hatte das irgendwann schonmal angemerkt):
Es gibt im Deutschen das Phänomen des sog. "Präteritumschwundes"; d.h. das Perfekt drängt sich zu Ungunsten des Präteritums immer weiter durch.
Diese Entwicklung ist nicht neu, das läuft schon seit gut 500 Jahren so und hat seinen Ursprung im süddeutschen Raum.

Das "Problem", welches zudem hinter dem ganzen Zeitenwirrwarr steckt, lösen diejenigen Leute aus, die sich allzusehr hinter den Grammatiken verschanzen Lehrer --> diese nämlich basieren seit eh und je zum Großteil auf lateinischen Grammatiken.
So ist es zu erklären, daß wir (im Standarddeutschen) ganze 6 Zeitformen haben, wohingegen aus germanischer Tradition unsere Sprache eigentlich mit ganzen 2 Formen zurechtkommt. Ursprünglich gab es nämlich nur 2 Tempora (Präsens und Präteritum) und - ohne daß wir uns dessen wirklich bewußt sind - kommen wir im Regelfall auch heute mit 2 Formen aus.

Die Grammatikanhänger sind es (wie erwähnt), die gern die weiteren Tempora dazunehmen wollen und dann (wir sehn's ja immer wieder) im Chaos versinken, weil sie nicht wissen, wohin damit... grübelnd

Gruß
-Pemmican

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Wâ mag ich mich nu vinden?
wâ mac ich mich nu suochen, wâ?
nu bin ich hie und bin ouch dâ
und enbin doch weder dâ noch hie.
wer wart ouch sus verirret ie?
wer wart ie sus zerteilet mê?

(Gottfried von Straßburg)
Pemmican



Anmeldungsdatum: 22.03.2005
Beiträge: 65

BeitragVerfasst am: 04. Jun 2007 13:27    Titel: Antworten mit Zitat

schabu hat Folgendes geschrieben:
Stimmt. Wenn man ne Weile drüber nachdenkt, sträubt sich einem richtig das Nackenhaar bei einem Satz wie "Gestern hast Du mich so komisch angesehen". Augenzwinkern Ich glaub nicht, daß Du auf dem grammatikalischen Glatteis ausrutschen wirst, denn auch mir kommt es so vor, als könne man "hat gelegen" nur sagen, wenn inzwischen nichts mehr liegt. "Gestern hat hier Schnee gelegen" würde also heißen, daß seit spätestens gestern kein Schnee mehr liegt


So - und wieso sträuben sich Dir dann die Nackenhaare, wenn jemand sagt: "Gestern hast Du mich so komisch angesehen"? - Oder bedeutet dies, daß derjenige, der Dich gestern so komisch ansah, Dich heute noch immer seltsam anguckt?! smile Vielleicht ist es ja auch ein verschrobener Mensch, der die ganze Zeit so so eine merkwürdige Miene zieht... Zunge *hehe*

Gruß
-Pemmican

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(Gottfried von Straßburg)
MacVain



Anmeldungsdatum: 25.04.2008
Beiträge: 1

BeitragVerfasst am: 25. Apr 2008 01:03    Titel: Antworten mit Zitat

Hi!
Ich hab ma ne ganz einfache Frage,und zwar wie ist die Vergangenheitsform von "abschweifen"???
abgeschweift?abgeschwiffen?

Weil 50% der Leute mit den ich das besprochen habe geteilter Meinungen waren.
Danke im Voraus....

Gruss MacV...
Pemmican



Anmeldungsdatum: 22.03.2005
Beiträge: 65

BeitragVerfasst am: 25. Mai 2008 22:30    Titel: Antworten mit Zitat

Hallo MacVain,

standardsprachlich ist es schwach, es heißt also "geschweift".

Mundartlich ist in vielen Regionen auch das starke "geschwiffen" noch nicht ganz verschwunden. Ich selbst ertappe mich auch ab und an dabei, es zu verwenden; aber ich gehöre auch zu dem Schlag Sprecher, denen "gewunken" weitaus geläufiger ist als gewinkt.

Viele Grüße
-Pemmican

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