Weihnachtsgast
Gast
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 Verfasst am: 18. Dez 2005 10:10 Titel: Bewertung von Kurzgeschichte |
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Hallo,
ich würde mich freuen, wenn ihr einige eurer Gedanken zu dieser Kurzgeschichte festhalten würdet:
| Zitat: | Diese Frage konnte er ihr nicht beantworten. Er selbst hatte lange nach der Antwort gesucht doch hatte er sie nie gefunden. Vielleicht würde er sie auch nie finden, doch das wollte er nicht zugeben. Niemals. Er war sich sicher, dass wäre eine zu große Enttäuschung für sie gewesen. Es war ja so, dass sie schon bald in die erste Klasse gehen würde. Mit Sicherheit würde sie die Schule mögen und er freute sich bereits auf das Leuchten in den Kinderaugen, wenn sie mit ihrer Schultüte auf den Stufen vor dem Schulgebäude stehen würde, wo auch er einst stand, vor vielen Jahren. Die meisten Menschen würden sagen, er sei weit gekommen in seinem Leben, er hatte die Welt bereist, sich viele Wünsche erfüllt und er konnte an und für sich zufrieden sein. Es fehlte ihm an nichts und doch spürte er eine Leere in sich, die er nicht zu füllen vermochte und so versuchte er sie zu verdrängen. Er war schon weit weg mit seinen Gedanken und sein Blick lief ins leere, als die Kinderstimme ihn in die Wirklichkeit zurückholte: „Nun sag schon, Papa!“. Sie ließ nicht locker, eine der Eigenschaften, die sie wohl von ihm haben musste, eine die ihm verloren gegangen war. Ein Teil von ihm war tot, das wusste er. „An jedem Tag stirbt ein Teil von dir“, dachte er sich, „manchmal ein kleiner, manchmal …“. In diesem Moment klingelte das Telefon, das auf dem kleinen Tischchen neben der Couch lag. Es war eines dieser neuen technischen Geräte, deren meisten Funktionen niemand brauchte und so wusste er bereits nicht mehr warum er es eigentlich gekauft hatte, zerstörte es doch gemeinsam mit dem Flachbildfernseher und den anderen Geräten das gemütliche Flair des Raumes. Sie löste ihren fragenden Blick von seinen Augen und drehte sich um, um das Telefon zu greifen. Nachdem sie abgenommen hatte, meldete sie sich mit ihrem Namen, wie erwachsen sie schon war. Sie reichte ihm das Telefon mit einem enttäuschten Blick auf die Couch hoch. Der Anrufer war einer seiner Kunden und es entwickelte sich ein langes Gespräch. Es war bereits dunkel geworden als alles Unwichtige besprochen war und nur der Schein des Feuers im Kamin erhellte das Zimmer mit seinen zwei Bewohnern, wovon der eine jetzt im Türrahmen stand. Draußen schneite es und der weiße Schnee lag wie ein Tuch über der Landschaft.
Auch am Morgen hatte es geschneit. Es waren nicht die dicken, schweren, dicht fallenden Flocken wie sie jetzt fielen gewesen, sondern wenige leichte, die mit faszinierender Langsamkeit zu Boden gingen, wobei jede einzelne ihr einzigartiges kleines Ballet aufführte. Sie waren raus gegangen in den großen Garten, indem das Tennisfeld unter der Schneedecke nicht mehr auszumachen war und hatten zwei Schneemänner gebaut. Bereits seit drei Tagen war die Landstraße zu dem kleinen Dorf in dem sie lebten wegen dem Schnee nicht passierbar und auch morgen würde der Bus zum Kindergarten nicht kommen.
Es wäre Zeit gewesen sie ins Bett zu schicken, doch sie stand ja bereits mit der Zahnbürste im Mund in der Wohnzimmertür und der Schaum der Zahnpasta tropfte auf den Flusenteppich, der schräg durch den Raum gelegt gerade so die Tür erreichte. Diese nun schon langsam gewöhnte neue Selbstständigkeit seiner Tochter schockte ihn eher, wurde ihm doch klar wie schnell sie in der kurzen Zeit älter geworden war. „Erzählst du mir noch eine Geschichte?“, fragte sie ihn und noch mehr Schaum bedeckte nun den ohnehin schon weißen Teppich. Es war wie jeden Abend, als er an ihrem Bett saß und eine der Geschichten erzählte, die schon sein Vater ihm erzählt hatte. Währenddessen er erzählte war es für ihn als ob die Zeit still stünde. Nachdem sie eingeschlafen war, saß er noch lange in Gedanken in seinem Schaukelstuhl vor dem Kamin. Den Duft der heißen Schokolade neben ihm nahm er nur leicht wahr während er langsam einschlief. Er hatte seine Antwort gefunden und wusste nun, dass er ihre Frage trotzdem nie beantworten konnte.
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