Gast
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Verfasst am: 27. März 2006 15:05 Titel: "Wunscherfüllung" Interpretation |
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Hallo!
Ich muss "Wunscherfüllung" von Günter Kunert interpretieren.
Ich denke mal ich weiß auch so einigermaßen worum es geht, aber ich kann einfach nichts mit der Fee anfangen und das irritiert mich bezüglich der Textart.
Ich glaub es geht aber ansonsten um das egoistische Handeln der Menschen und das sie immer gleich das Beste wollen obwohl auch die kleinen Dinge des Lebens einen glücklich machen können.
Oder lieg ich da falsch?Wenn jemand andere Ideen hat oder weiß das ich voll daneben liege - bitte sag es mir!
Hier der Text:
Günter Kunert (geb. 1929)
Wunscherfüllung
Entgegen aller Aufgeklärtheit unserer Gegenwart gehen in letzterer immer noch Feen um.
Freilich unauffälliger gekleidet als ehedem, weniger pompös und nur dezent modisch, so daß sie
dem von ihnen Erwählten erst auffallen, sobald sie sich ihm unmittelbar präsentieren. Wie
neulich in der kleinen Stadt Itzehoe in Schleswig-Holstein einem Geschäftsmann, vor den eine
ältere Dame
hintrat und den Ausweis zog, um sich als diensttuende Fee vorzustellen. Zwar war der
Geschäftsmann äußerst überrascht, jedoch zugleich von der Legitimation überzeugt und
außerdem erfreut, daß ihm, wie er vernahm, ein durch nichts begrenzter Wunsch freistehe. Bald
lugte die Fee unauffällig auf ihre Armbanduhr, denn der Geschäftsmann - wie wohl jeder in
seiner Lage - war in panisches Grübeln geraten, um durch diesen einen und einmaligen Wunsch
auch ja ein Maximum an Erfüllung zu erreichen. Und obschon ihn die Fee warnte, daß der
Wünschende leicht sich selber betrüge und schließlich ärmer als vorher dastehe, glaubte der
Geschäftsmann einen genialen Einfall zu haben.
„Ich wünsche mir nur“, sagte er mit falscher Bescheidenheit, „nichts weiter als deine feeischen
Fähigkeiten zur Wunscherfüllung!“ Damit meinte er die Ausgangsposition für alles überhaupt
nur erdenklich zu Ersehnende erlangen zu können. Der unvorstellbare Reichtum der ganzen Welt
schien ihm auf einmal greifbar - er benötigte künftig nur ein paar Strohmänner, sie das wünschen
zu lassen, was er besitzen wollen würde. Mit dem Versprechen einer Gewinnbeteiligung, etwa
ein bis zwei Prozent, fände man Helfershelfer genug. Und Betrugsversuche ließen sich auf dem
Wunscherfüllungsumweg nachträglich korrigieren. Unehrliche Handlanger, das nahm er sich vor,
werde er in Wildkaninchen verwandeln - schließlich war er ja auch Jäger.
„Es sei!“ sprach die Fee und schwenkte einen bleistiftkleinen Stab, während der Geschäftsmann
aufgeregt das Ergebnis erwartete. Da er jedoch keine physische oder psychische Veränderung
verspürte, frug er, woran wohl zu erkennen wäre, daß jetzt ihre Fähigkeit auf ihn übergegangen
sei? Darauf die Fee: Er brauche ja nur ihr einen Wunsch erfüllen, um sich zu überzeugen.
Gesagt, getan. Doch kaum hatte er zugestimmt, hörte er mit wachsendem Entsetzen, wie sie die
Rückgabe ihres außerordentlichen Talentes forderte. Er wollte ihr die Erfüllung verweigern,
merkte aber, daß er dem Prinzip nicht widerstehen konnte, da sein Kopf unfreiwillig und
gewährend nickte. Anschließend reichte ihm die Fee abschiednehmend die Hand, mit der kaum
tröstlichen Anmerkung, so verlaufe der Vorgang seit Jahrhunderten. Weil das Gesetz besage: Je
größer der Wunsch, desto geringer die Aussicht auf Erfüllung! „Ja, mein Freund“, setzte sie
hinzu, „ein gutes Essen, ein gelungenes Geschäft, ein friedlicher Feierabend - das hätte bessere
Chancen gehabt!“ Und sie erhob sich eine Handbreit über den Boden, um durch die Tür
davonzuschweben.
aus: G. Kunert. Immer wieder am Anfang. Erzählungen und kleine Prosa.
Reclam 1999
Hoffe mir kann jemand helfen!
Danke!
LG Steffi |
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