Hilfe zu Macht und Ohnmacht im Ghetto (Kurzvortrag)

Cellie · Gast

Meine Frage:
Hallo liebe Community :)

Ich besitze folgendes Problem:
Ich soll zum Thema "Macht und Ohnmacht im Ghetto" einen Kurzvortrag halten. Ich habe mich schon ein wenig belesen aber irgendwie verwirrt mich das ganze enorm. Der Kurzvortrag soll mit Zitaten aus dem Buch "Jakob der Lügner - Jurek Becker" bekräftigt werden.
Ich hoffe hierbei wirklich um Aufklärung ich erwarte nicht das mir jemand den ganzen Vortrag zusammen bastelt aber ich habe nunmal Probleme und hoffe wie gesagt das sich jemand meiner erbarmen wird.

PS: Der Vortrag ist natürlich für Deutsch :)

Meine Ideen:
Ich hatte mir als Gliederungspunkte schonmal überlegt:
- Was ist Macht/Ohnmacht?
- Wie kam es zu der Entwicklung von Ghettos (Nur kurz)

Aber mehr ist mir beim besten Willen noch nicht eingefallen. Das ganze könnte man vielleicht mit Zitaten von berühmten Personen oder Experten spicken.
Ich weiß es ist nicht viel aber das Thema erschließt sich mir auch nicht wirklich :/

Danke für jede Hilfe!

Gast11022013 · Gast

Hallo, Cellie!

Ist der Begriff "Ghetto" für Deinen Vortrag im ursprünglichen Sinne zu verstehen, also in Bezug auf das Dritte Reich und den Nationalsozialismus?

Ich gehe davon aus, weil Du "Jakob der Lügner" nennst.

In diesem Fall könntest Du natürlich reichlich Literatur heranziehen, von Anne Franks Tagebuch bis Aichingers "Die größere Hoffnung". Aber Dir geht es vermutlich mehr darum, wie Du Deinen Vortrag konkret gliedern könntest.

Ich finde es gut, dass Du mit allgemeinen Begriffsklärungen anfängst, um klarzustellen, wie Du diese Begriffe für Deinen Vortrag verstehst. Und ich würde auch einen kurzen geschichtlichen Abriss über das Zustandekommen und den "Zweck" von Ghettos geben. Danach könntest Du - beispielsweise, indem Du aus den genannten Büchern besonders prägnante Passagen heraussuchst - ganz konkret den "Alltag in den Ghettos" beschreiben, also ganz drastisch schildern, wie die Zustände, die Versorgung, die Hygiene waren. Vielleicht findest Du ja auch eine kurze Filmsequenz, in der ein Überlebender erzählt. Oder Du könntest Du auch kurze Filmausschnitte aus "Der Pianist" oder ähnlichen Filmen zeigen, um das Elend der Menschen noch deutlicher zu machen.
Ein weiterer Abschnitt könnte sich "Überlebensstrategien" widmen: Was hat den Leidenden geholfen, zu überleben oder die Hoffnung nicht zu verlieren - oder konnte man die Hoffnung überhaupt irgendwie bewahren (Religiösität, Hilfe durch Literatur, Schreiben etc.). Hier wäre es interessant zu fragen, ob es Werke aus dieser Zeit gibt (Tagebücher, Gedichte, vielleicht sogar Romane?). Das heißt, Du könntest die Kunst dieser Epoche versuchen zu beschreiben.
Ich würde auch auf die ideologischen Hintergründe der Ghettobildung eingehen (sofern Du das nicht schon im geschichtlichen Abriss tust). Dann würde ich auf jeden Fall darauf zu sprechen kommen, ob es heute so etwas noch gibt - in ganz analoger Form oder in viel subtilerer Art - oder ob das heute nicht mehr möglich ist. Du kannst darstellen, welche Faktoren zusammenkommen müssen, damit so eine Diffamierung und Verachtung entstehen kann. Ich würde auch kurz darauf verweisen, dass es heute noch Menschen gibt, die die Ghettos (und insbesondere die Konzentrationslager) leugnen und wie absurd das ist, wie das das Leid der Betroffenen und Hinterbliebenen mit Füßen tritt.

Denkbar wäre auch, das Leid der Menschen exemplarisch an Einzelbeispielen zu schildern; Du könntest auf der einen Seite die Schilderungen aus dem Roman hernehmen und andererseits reale Schilderungen/ Schicksale schildern. Ich habe zum Beispiel folgenden Interessanten Artikel gefunden:

Warschauer Ghetto: Ist Gott hier irgendwo?

Zwei Dinge fallen mir noch ein: Du könntest noch auf Fluchtversuche aus den Ghettos zu sprechen kommen und zweitens darauf, ob es von Seiten der Nazis Menschen gab, die an der Richtigkeit der Ghettos gezweifelt haben. Gab es so etwas wie Bestechung oder haben Einzelne sich Befehlen widersetzt und heimlich geholfen? Haben alle Menschen, die in den Ghettos leben mussten gleich stark gelitten oder konnten sich Einige Vorteile verschaffen und wenn ja, wie? Wurden ehemals hoch angesehene Juden bevorzugt, konnten sie sich das Leben ein klein bisschen einfacher/ erträglicher machen oder zählten diese Stellungen nicht mehr? Ich denke jedenfalls, dass man da bestimmt differenzieren muss. Wann musste man in ein Ghetto gehen, ab wann galt man als "jüdisch" oder als "minderwertiger Mensch"?

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Vielleicht konnte ich ein paar Anregungen geben.

Viele Grüße,
Dennis

Engelkuss · Anmeldungsdatum: 04.11.2012 Beiträge: 3

Hey Dennis.

Erstmal vielen vielen Dank für deine schnelle und aussagekräftige Antwort. Das hat mir alles wirklich sehr weiter geholfen. Vorallem deine Vorschläge haben mir eine andere Sicht auf das Thema gezeigt.
Gott

Sollten mir noch weitere Fragen beim bearbeiten des Referates aufkommen werde ich mich vertrauensvoll an dich wenden smile

Mfg Cellie

Gast11022013 · Gast

Gerne!

Engelkuss · Anmeldungsdatum: 04.11.2012 Beiträge: 3

Hey kannst du mir kurz noch bei der Definition von Macht und Ohnmacht helfen? Alles was ich finde bezieht sich nicht so auf das geschichtliche sondern mehr auf das psychische. Ich weiß nicht ob es DIE Definition davon gibt aber vl kennst du ja eine?

Mfg Cellie

Gast11022013 · Gast

Ich würde für Deinen Vortrag zwei verschiedene Definitionen von Macht vorschlagen, nämlich einmal bezogen auf eine politische/ organisatorische/ physische Macht und dann bezogen auf eine psychische Macht.

Erstere Macht lässt sich vielleicht so definieren (sinngemäß nach Mallory, Segal-Horn & Lovitt): Macht ist die Fähigkeit einer Person (oder einer Gruppe von Menschen) einen anderen Menschen (oder eine andere Menschengruppe) zu etwas zu zwingen, was diese Person (diese Gruppe) ohne diesen Zwang von sich aus nicht tun würde. Es ist die Fähigkeit eines Menschen oder einer Organisation, über die äußerlichen Zustände und Umstände eines anderen Lebewesens zu bestimmen.

Das kann sehr viele Facetten haben:

(1) Beispielsweise gewinnt man diese Fähigkeit über andere Lebewesen zu bestimmen dadurch, dass man etwas in seinen Besitz bringt, das knapp und lebensnotwendig ist und dann entscheiden kann, wer von der knappen Sache etwas abhaben darf und wer nicht (z.B. fallen mir da die Lebensmittelmarken für Juden in den Ghettos ein, mit denen die "Mächtigen", also diejenigen, die sich die Entscheidungsgewalt darüber, wer essen darf und wer nicht, angeeignet haben, über fremdes Leben und dessen Gesundheit entscheiden können).

(2) Macht (also wie oben definiert: Die Fähigkeit über das Leben anderer Menschen zu bestimmen) gewinnt man aber auch, indem man sich die Hoheit über Symbole aneignet, soll für dein Thema heißen: Die Nazis besaßen die Deutungshoheit über gewisse Symbole und schufen neue Symbole (Judenstern, Hakenkreuz,...) und haben dadurch die Fähigkeit "gewonnen", über den gesellschaftlichen Status von Menschen zu entscheiden.

(3) Propaganda, Medienhetze, also die Fähigkeit, Informationen zu verbreiten (seien sie wahr oder eben völlig ideologisch an den Haaren herbei gezogen) (Wissensvorsprung) schafft auch Macht im Sinne der obigen Definition.

Weitere Aspekte, die Macht im obigen Sinne "entstehen" lassen: (4) Technologiehoheit, (5) Angst verbreiten, Unsicherheit schüren, (6) Finanzkontrolle

Bei Punkt (5) sind wir dann schon bei der zweiten Definition von "Macht", die ich - wie gesagt - eher psychisch verstehen würde (die aber natürlich in die obige Definition mit hineinspielt und umgekehrt): "Macht ist die Fähigkeit, die Gedanken und die Wahrnehmung anderer Lebewesen zu beeinflussen und zu manipulieren".

Hier geht es also weniger um irgendeine direkte Machtausübung, sondern eher um indirekte psychologische "Kriegsführung" (Verbreitung von Angst, Minderwertigkeitsgefühlen etc.).

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Naja, was die Ohnmacht angeht, ist das eigentlich genau das Gegenteil von Macht, sprich: Ohnmacht ließe sich beispielsweise definieren als ein "Zustand, in dem eine Person die Fähigkeit, die eigenen physischen und psychischen Umstände seines Lebens zu bestimmen, verloren und unfreiwillig an einen Dritten abgetreten hat.".

Entsprechend der obigen Zweiteilung kann man hier wohl auch wieder grob zwischen "äußerlicher" und "innerlicher" Ohnmacht unterscheiden. Es macht ja einen Unterschied, ob man "nur" rein äußerlich (finanziell, politisch,...) diese Fähigkeit verloren hat (beispielsweise dadurch, dass einem alles weggenommen wird, was man besitzt) oder ob man auch gedanklich unfrei ist, keinen freiheitlichen Gedanken mehr treffen kann und völlig indoktriniert ist.

In diesem Zusammenhang könnte man etwa die Geschwister Scholl nennen, die äußerlich ohnmächtig waren und inhaftiert wurden, aber innerlich ihre "Macht" über sich behalten haben, also innerlich nicht ohnmächtig waren. Oder noch viel besser für Deinen Vortrag: Jakob ist ja auch so ein Mensch, der rein äußerlich ohnmächtig (eben ohne Macht) scheint, aber idealistisch bleibt und innerlich mächtig bleibt. Hier kannst Du dann, wie in dem anderen Beitrag angesprochen, auf Beispiele von Menschen verweisen, die sich ihre innere Macht (so weit eben möglich) bewahrt haben. Das können ganz banale Dinge sein, durch die die Menschen in den Ghettos sich ihre Würde und Freiheit bewahrt haben, sei es auch nur innerlich.

Ich denke, diese Definitionen von "Macht" sollten für Dein Thema eigentlich hinreichend sein, wenngleich es natürlich viel mehr Definitionen und Sichtweisen dazu gäbe.