Woyzeck - eine Gerichtsverhandlung

ProGeologist · Anmeldungsdatum: 01.02.2007 Beiträge: 3 Wohnort: Krefeld

Hallo an alle

unser Lehrer hat angekündigt, dass wir in der nächsten Stunde eine Gerichtsverhandlung machen, in der Woyzeck (aus dem gleichnamigen Drama) des Mordes angeklagt wird. Es soll eine autentische Gerichtsverhandlung auf aktuellem Recht basierend werden, incl. Verteidiger, Richter, Zeugen, etc.

Da ich immer die doofen Sachen machen muss (naja, sind doof, machen aber auch Spass....), habe ich die aufgabe gekriegt, Woyzecks Verteidiger zu spielen. Ich habe mir daher gedacht, dass Woyzeck viel weniger Strafe kriegen sollte. Als Gründe habe ich bisher:

Woyzeck hat die Tat nicht aus Eifersucht, sondern aus Kritik an der Gesellschaft gemacht. Er hatte keine andere Wahl, dieses Grauen, welchem er ausgesetzt war, zu entfliehen. So wählte er den Tod seiner um alles geliebten Freundin. Daher ist es kein Mord, sondern lediglich Totschlag.

Woyzeck hatte nur sich und seine Freundin. Sie war sein ein und alles - sie war ein Teil von ihm --> er hat sich also quasi selber getötet.....

Woyzeck lebt in seiner eigenen Welt, er ist sehr beschränkt. Er hat sich das erste mal aus seiner Welt gewagt und sofort etwas falsches gemacht. Es ist nicht seine Schuld, sondern die Schuld derer, die ihn dazu zwangen (Doktor, Tambourmajor, ....). Er wusste nicht, was er in dieser Welt macht. --> Dies soll die Strafe lindern oder ganz auflösen (Woyzeck war zum Zeitpunkt der Tat unzurechnungsfähig) und die Schuld auf den Tambourmajor schieben.

Des Weiteren sollen der Doktor, wegen schwerer Körperverletzung (die Erbsen) und Ausnutzung seines höheren Standes, der Tambourmajor, wegen Freiheitsberaubung und indirekte Anstiftung zum Mord, und der Hauptmann, Demütigung und Beleidigung, angeklagt werden.

So, das wäre es erstmal. Was haltet ihr davon? Gibt es vielleicht noch sehr gute Punkte, die man auch hinzufügen könnte? Oder vllt. einige Punkte, die ich besser wegstreichen könnte?

Danke schon mal im Vorraus (auch für's lesen Augenzwinkern

)
ProGeologist

Noctu · Anmeldungsdatum: 04.10.2006 Beiträge: 18

Hallo !

Also Woyzeck ist bei mir schon ne Weile her ....
Du hast schon einige gute Argumente für die Verteidigung gefunden, bei manchem widersprichst Du Dir aber :
- Woyzeck ist beschränkt --- Kritik an der Gesellschaft. Ich meine soweit hat W. nicht gedacht .
- inwiefern ist er aus seiner Welt herausgekommen ? Wenn W. beschränkt ist, kann er auch nur in seinen Verhältnissen agieren.

-- das mit Körpeverletzung und Beleidigungen muss in einem separaten Prozess geklärt werden, das hat mit dem Mordprozess primär nix zu tun, das musst Du eher in diesem Verfahren als weiteres Argument mit einbeziehen um die Situation W´s genauer zu skizzieren und damit zu erklären warum es letztendlich zu dem Mord gekommen ist.

Wichtig wäre herauszuarbeiten, dass W. beim Militär keine Karriere gemacht hat, vielmehr Marie und das Kind durchbringen muss, und neben seinem Sold auch noch an fragwürdigen medizinischen Experimenten teilnimmt um an Geld zu kommen. Großartig was bieten kann er Marie nicht, seine Liebe reicht M. auch nicht, sie sieht ihn nur als Mittel zum Zweck um über die Runden zu kommen, sie will in vollen Zügen Leben und die soz. Leiter aufsteigen indem sie sich dem Major zuwendet. Der Major spannt W. auch die Marie aus, vor seinen Augen ...
Die besagten Experimente sind m.E. der Schlüssel, die Fehlernährung macht ihn wirr und unzurechnungsfähig, die Symptome schildert er dem Doc, der redet ihm ja noch gut zu " nur noch ein paar Tage ..."
So kommt halt eines zum anderen, die unerwiderte Liebe zu Marie, Unterdrückung beim Militär, med. Experimente, Eifersucht ( die er aber nie offen zeigt, oder mit Marie mal deutliche Worte redet ...) trotzdem Pflichterfüllung gegenüber Marie und dem Kind als "Ernährer" , so staut es sich in ihm an und gipfelt in dem Ventil "Mord"
Also würde ich auf "schuldunfähig" plädieren weil er zum Zeitpunkt der Tat nicht zurechnungsfähig war ...

ProGeologist · Anmeldungsdatum: 01.02.2007 Beiträge: 3 Wohnort: Krefeld

Danke erstmal.

Noctu · Anmeldungsdatum: 04.10.2006 Beiträge: 18

ahso, dann ists mir klar worauf Du hinauswolltest.

Das mit dem Doc., der ist ja höchstens mittelbar Schuld an dem Tötungsdelikt, die Tat geht ja primär von W. aus, er hat den Mord ja begangen. Dem Doc. könnte man nur fahrlässiger Körperverletztung an W. vorhalten und dass er billigend in Kauf nimmt dass W. geistig Schaden nimmt, das Experiment als solches vllt. unethisch ist. Jedenfalls ist der Umstand, dass W. aus seiner Not heraus an den Experiment teilnimmt, strafmildernd. Er kann ja die Tragweite des Versuchs nicht einschätzen, er ist kein Mediziner, dass er den Versuch auch von sich aus nicht abbricht, obwohl er sich schlecht fühlt, kommt m.E. auch von der Gehorsamspflicht, die er vom Militär gewohnt ist und der Doc. steht als Akademiker ja über ihm.