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Marli Gast
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Verfasst am: 20. Dez 2005 14:23 Titel: "Wahrhaftig"(Heinrich Heine)/"Ins stiller Son |
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Könnt ihr mir helfen diese beiden Gedichte zu interpretieren und eventuell auch miteinander zu vergleichen?
Wahrhaftig
Wenn der Frühling kommt mit Sonnenschein,
Dann knospen und blühen die Blümlein auf;
Wenn der Mond beginnt seinen Strahlenlauf,
Dann schwimmen die Sternlein hintendrein;
Wenn der Sänger zwei süße Äuglein sieht,
Dann quellen ihm Lieder aus tiefen Gemüt;
Doch Lieder und Sterne und Blümlein,
Und Äuglein und Mondglanz und Sonnenschein,
Wie sehr das Zeug auch gefällt,
So macht's noch lang keine Welt.
In stiller Sonne
Über die Welt hin ziehen die Wolken.
Grün durch die Wälder
Fließt ihr Licht.
Herz, vergiß!
In stiller Sonne
Webt linderndster Zauber;
Unter wehenden Blumen blüht tausend Trost.
Vergiß! Vergiß!
Aus fernem Grund pfeift, horch, ein Vogel...
Er singt sein Lied.
Das Lied vom Glück,
Vom Glück. |
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Marli Gast
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Verfasst am: 20. Dez 2005 14:25 Titel: |
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Ich bin übrigens in der 13. Klasse im Grundkurs Deutsch. |
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Lindenblatt
Anmeldungsdatum: 30.10.2005 Beiträge: 160 Wohnort: Ruhrpott
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Verfasst am: 20. Dez 2005 17:20 Titel: |
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Der zweite Text ist ein (versehentlich?) umgestelltes Gedicht; so dass man seine Struktur und Aussage nicht erkennen kann: die anschulich-sinnenkräftig entfaltete natürlich Dreier-Einheit des "leidlösenden Trios".
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Warum es mit Heines Gedicht verglichen werden soll....? Hinsichtlich der Metaphorik, der Stilmittel?
Dass beide naturnahe, sentimentale, aber keine trivialen Gedichte sind? Bei Heine realitätsnahe Romantik, die sich dieser Stilmittel bedient, um kritische Akzente für das Überindividuelle zu setzen?
Bei Arno Holz...? Dass es sich um Neoromantik handelt, die man auch Neosymbolismus nennen kann?
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Original handelt es sich um diesen Text; er ist bei Holz um die Mittelachse gruppiert. Wie das hier deutlich sichtbar wird:
http://www.phantasus.de/g_leidltrio.html
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Arno Holz (1863-1929)
LEIDLÖSENDES TRIO
Über die Welt hin … ziehen die Wolken.
Grün durch die Wälder
fließt
ihr Licht.
Herz, vergiß!
In
stiller Sonne
webt linderndster Zauber,
unter wehenden Blumen blüht tausend
Trost.
Vergiß! Vergiß!
Aus fernem Grund pfeift, horch, ein Vogel.
Er
singt sein Lied.
Das
Lied … vom
Glück!
** _________________ Stultum deridet stultus nihil callidi cogitans. |
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Marli Gast
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Verfasst am: 03. Jan 2006 10:19 Titel: |
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Beide Gedichte haben wohl das Motiv des Abschiednehmens gemeinsam, aber ansonsten sollen wir vor allem die Unterschiede aufzeigen.
Ich versteh es noch nicht ganz, dass das Gedicht neoromantisch sein soll, Arno Holz aber einer der bedeutensten Naturalisten sein soll. |
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HARTMUT Gast
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Verfasst am: 04. Jan 2006 12:51 Titel: Arno Holz |
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Marli hat Folgendes geschrieben: | Beide Gedichte haben wohl das Motiv des Abschiednehmens gemeinsam, aber ansonsten sollen wir vor allem die Unterschiede aufzeigen.
Ich versteh es noch nicht ganz, dass das Gedicht neoromantisch sein soll, Arno Holz aber einer der bedeutensten Naturalisten sein soll. |
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Dieses Motiv kann ich nicht erkennen: Es ist der Frühling, es ist Hoffen angesagt: Aufbruch, in der Natur, in den Beziehungen...! Hiene misstraut da allerdings den allzu lieblichen Gefühlen...
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Als bedeutendster Lyriker des Naturalismus zählt Arno Holz, mit seinem "Buch der Zeit" (1886). Merkmale seiner Lyrik sind Mittelachsen-zentrierung, Verzicht auf Reim und Metrik, die den Rhythmus eines literarischen Werkes entscheidend beeinflussen. Holz demonstrierte das an einem Beispiel:
"Ich schreibe als Prosaiker einen ausgezeichneten Satz nieder, wenn ich schreibe: 'Der Mond steigt hinter blühenden Apfelbaumzweigen auf.' Aber ich würde über ihn stolpern, wenn man ihn mir für den Anfang eines Gedichtes ausgäbe. Er wird zu einem solchen erst, wenn ich ihn forme: 'Hinter blühenden Apfelbaumzweigen steigt der Mond auf.' Der erste Satz referiert nur, der zweite stellt dar. Erst jetzt fühle ich, ist der Klang eines mit dem Inhalt. Und um diese Einheit bereits deutlich nach außen zu geben, schreibe ich: [ab hier zentrisch gesetzt zu denken...]
Code: | 'Hinter blühenden Apfelbaumzweigen
steigt
der Mond auf.' |
Dies ist meine ganze 'Revolution der Lyrik'."
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Schau mal hier nach, im Epochenbericht „Naturalismus“
http://www.literaturwelt.com/epochen/natural.html
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Holz’ Lyrik ist viel weiter gespannt als die wichtigen sozialen Grundlagen des Naturalismus (Einbezug der subliterarische Alltagssprache, Milieubedingungen, Arbeitswelt, Großstadt-Lebensprobleme, soziale, familiäre Auseinandersetzungen).
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Schau dir mal an, was er an Dramen, häufig mit Joh. Schlaf, schrieb, die auch „vergangen“ sind, und seine Lyrik, von der nur noch wenig gelesen wird:
http://gutenberg.spiegel.de/autoren/holz.htm
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Hier noch andere, impressionistische Gedichte:
http://www.phantasus.de/g_diegoldmacherkueche.html
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Wenn du daran interessiert bist:
Claus J. Gigl hat eine Deutsche Literaturgeschichte geschrieben (in der Reihe „Abitur-Wissen Deutsch“, im Stark Verlag) und behandelt dort Holz mit seinem bekannten Gedicht „Rote Dächer“ (allerdings ohne Interpretation).
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Für Zusammenhänge und Entwicklungen wie „Naturalismus und Antinaturalismus“ ist wichtig: dtv-Atlas zur deutschen Literatur. Tafeln und Texte von Horst Dieter Schlosser. (dtv 3219) |
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Marli Gast
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Verfasst am: 09. Jan 2006 14:02 Titel: |
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Ich wollte mich nur herzlich für eure Tipps bedanken. Ihr habt mir sehr geholfen.
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